Löger: Aus für Pflegeregress war „Husch-Pfusch-Gesetz“

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) im Gespräch mit „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak.
Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) im Gespräch mit „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak.(c) Stanislav Kogiku
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Finanzminister Löger kritisiert bei einer „Presse“-Diskussion die Art und Weise, wie der Pflegeregress abgeschafft wurde, schließt eine Pflegeversicherung nicht aus und gibt auch persönliche Einblicke.

Vielleicht ist es die Atmosphäre. Im 20. Stockwerk des Ringturms mit atemberaubendem Rundblick über Wien – da entspannen sich Politiker. Bei einem der letzten „Gespräche im Turm“, die „Die Presse“ gemeinsam mit dem Wiener Städtische Versicherungsverein veranstaltet, meinte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner: „Es steckt schon ein bisschen Pippi Langstrumpf in mir.“ Gestern, Mittwoch abend, erzählte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) recht unverblümt von den Mühen seines Jobs.

Etwa wegen jenes Gesetzes, mit dem knapp vor der Nationalratswahl 2017 der Pflegeregress abgeschafft wurde – auf Initiative der SPÖ, aber auch mit den Stimmen der ÖVP. Es sei ein „Husch-Pfusch-Gesetz“ gewesen, ein „Wahlkampfschlager“, meinte Löger im Gespräch mit „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak. Warum? Man habe lediglich 100 Millionen Euro als Ersatz für die Länder vorgesehen, dabei habe man auf die Kosten für die Pflege behinderter Menschen vergessen und auf die Gelder, die von Selbstzahlern kommen. Am Ende habe er, Löger, als Finanzminister der neuen Regierung mit den Bundesländern über einen weitaus höheren Kostenersatz verhandeln müssen.

Im Zusammenhang mit der Pflege ließ der Finanzminister bei dem Gespräch ebenfalls aufhorchen. Um die Pflege langfristig zu sichern, schließe er, Löger, die Einführung einer Pflegeversicherung nicht aus. „Man wird eine Form der Finanzierung diskutieren müssen, aber dafür ist es jetzt noch zu früh.“ Zuerst müsse man die Pflege insgesamt neu organisieren und dabei vor allem auch die Pflege zu Hause berücksichtigen.

Beim Themenkomplex Steuerreform wies Löger Kritik an der späten Abschaffung der kalten Progression zurück. Man realisiere Schritt für Schritt, was man sich leisten könne und was eine echte Entlastung der Menschen bringe. Die letzte Steuerreform 2015/16 habe zwar brutto fünf Milliarden Euro gebracht, netto aber nur eine Milliarde Euro, weil neue Steuern eingeführt wurden. Das mache man diesmal nicht. Zwar würde die kalte Progression dem Staat in dieser Legislaturperiode kumuliert zehn Milliarden Euro bringen, die Steuerreform entlaste die Menschen aber (ebenfalls kumuliert) um 15 Milliarden Euro.

Auch private Einblicke gab der Minister. Er werde ja oft als fader Minister bezeichnet, aber: „Ich bin froh, heute hier zu sitzen und nicht irgendwo auf einer Anklagebank“, meinte er in Anspielung auf einen seiner Vorgänger, Karl-Heinz Grasser. Und zum Verdienst: Er verdiene jetzt als Minister „sehr gut“, früher aber habe er als Versicherungsmanager „sehr, sehr, sehr, sehr gut verdient“. 

Das Gespräch fand im Rahmen einer Kooperation von „Die Presse“ und Wiener Städtische Versicherungsverein statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2019 / (rie))

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