FPÖ kappt erste Verbindungen zu Identitären

Die Presse/Daniel Novotny
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Mietverträge werden gelöst – inhaltliche Verbindungen bleiben. Identitären-Chef Martin Sellner droht FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache mit Leaks zu dessen rechtsextremer Vergangenheit. ÖVP-Kanzler Kurz ist zufrieden.

Wien. Eine klare Trennlinie zu den als rechtsextrem eingestuften Identitären solle her, forderte ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz von der FPÖ. Und sein Vize, Heinz-Christian Strache, kam dem nach. Künftig solle es keine Überschneidungen mehr geben, ordnete er seiner Partei am Wochenende an.

Erste sichtbare Zeichen in diese Richtung wurden dann schon am Montag gesetzt: Die Identitären betrieben zwei Zentren in Linz und Graz – die Vermieter sind der FPÖ zuzurechnen. Sowohl die FPÖ Oberösterreich kündigte an, dass das Mietverhältnis ehestmöglich gelöst werden solle, wie der Grazer FPÖ-Vizebürgermeister, Mario Eustacchio. Der hatte noch vor wenigen Tagen gesagt, dass er nicht wisse, wovon er sich distanzieren solle und dass er die Forderungen der Identitären unterschreiben könne. Vermieter des Grazer Identitären-Zentrums ist FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl.

Dass der Mietvertrag nun spontan gelöst werden kann, wird damit begründet, dass die Räumlichkeiten von einer Privatperson gemietet, aber als Vereinsräume genutzt wurden. Verstrickungen zwischen Identitären und FPÖ gab es auch über das in Oberösterreich relevante alternative Medium „Info-direkt“. Die Eigentümer können großteils der FPÖ zugeordnet werden. Ob Anteile an dem Medium zurückgelegt werden, ist noch nicht ausdiskutiert.

Zu Wort meldete sich am Montag auch Burgenlands Landeshauptmannstellvertreter und FPÖ-Chef, Johann Tschürtz. Er will künftig Facebook-Postings kontrollieren lassen. Rund um die Distanzierung der FPÖ zu den Identitären hatte eine FPÖ-Ortsgruppe Kurz „rückgratlosen Wurm“ genannt. Wer sich mit dem Kurs der FPÖ nicht wohlfühle, müsse die Partei verlassen, sagte Tschürtz.

Sellner: Straches Verhalten „lächerlich“ 

Ein Gutteil der FPÖ dürfte sich mit der Distanzierung der FPÖ von den Identitären tatsächlich nicht wohlfühlen – hochrangige FPÖ-Vertreter sprechen von einem Riss in der Partei. Denn inhaltlich und ideologisch seien sich Partei und Identitäre doch über weite Strecken auch nahe.

Das sieht auch Martin Sellner, Chef der Identitären, so: Man könne einige Verknüpfungen nun demonstrativ lösen. „Ganz wird das aber nie gelingen, die FPÖ müsste sich von Ihrem ganzen Vorfeld distanzieren. Es gibt außerdem viele inhaltliche Überschneidungen“, sagt er zur „Presse“ und bezeichnet Straches Verhalten als „lächerlich“. Vor allem, dass dieser ihm nun eine Jugendstraftat vorwirft, die längst abgebüßt und gelöscht sein müsste. Vor 16 Jahren verrichtete Sellner Sozialstunden, nachdem er unter anderem Hakenkreuzaufkleber auf dem Zaun einer Synagoge angebracht hatte.

„Ich habe mich geändert“, sagt er. Und: „Gerade Strache appelliert immer wieder, dass man ihm seine Jugendsünden nicht vorwerfen solle.“ Der Vizekanzler war in seiner Jugend ebenfalls in rechtsextremen Kreisen unterwegs, beteiligte sich an Wehrsportübungen im Wald. „Diese Heuchelei werden wir noch genau aufzeigen“, sagt Sellner. „Auch wir könnten Dinge leaken.“

Sellner ärgert sich. Dafür kehrt zumindest oberflächlich der türkis-blaue Koalitionsfrieden wieder ein. Kanzler Kurz zeigte sich mit der Distanzierung der FPÖ jedenfalls zufrieden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2019)

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