Ex-Banker erinnert sich an kryptisches Gespräch mit Plech

Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk
Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk(c) Georg Hochmuth, APA
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Vor der Befragung eines Lehman-Bankers im Buwog-Prozess beanstandete Norbert Wess, dass die Staatsanwaltschaft Zeugen gefragt habe, ob sie Kontakt mit dem Ex-Minister gehabt hätten.

Der 88. Verhandlungstag im Korruptionsverfahren um die Affären Buwog und Terminal Tower ist der Zeugeneinvernahme eines ehemaligen Investmentbankers von Lehman Brothers gewidmet. Letztere erhielt einst den Auftrag, den Privatisierungsprozess der Bundeswohnungsgesellschaften abzuwickeln.

Bevor der Zeuge allerdings von Richterin Marion Hohenecker einvernommen wurde, ergriff der Verteidiger des Hauptangeklagten, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, das Wort. In seiner Stellungnahme kritisierte Norbert Wess, dass die Staatsanwaltschaft Zeugen gefragt habe, ob sie vor ihrem Auftritt im Wiener Landesgericht für Strafsachen Kontakt mit Grasser gehabt hätten.

Wess vermutet die Unterstellung, wonach man sich mit Zeugen abgesprochen hätte. Tatsächlich sei es aber das Recht der Verteidigung, eigene Ermittlungen zu betreiben; nur eine Beeinflussung des Zeugen zu einer objektiv falschen Aussage wäre nicht zulässig, erläuterte Wess, der seine Stellungnahme auch zu einer Medienschelte nutzte. Die "oftmals reißerische Berichterstattung" sei mit Sicherheit geeignet, Zeugen zu beeinflussen, meinte der Verteidiger.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Verteidiger von Grasser - neben Wess wird der ehemalige Minister auch von Anwalt Manfred Ainedter vertreten - an den Medien Kritik üben. Schon zum Prozessauftakt hatten sie die Art der Berichterstattung mancher Medien beklagt, am 18. Juli des Vorjahres, dem 45. Verhandlungstag, gingen sie insbesondere mit den im Saal anwesenden Livetickern ins Gericht.

Aufgabe der Auswahlkommission?

Die Richterin nahm Wess' Antrag auf Belehrung der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis und rief sodann den Zeugen in den Großen Schwurgerichtssaal. Der ehemalige Senior Advisor von Lehman Brothers leitete einst das Investmentbankerteam bei der Buwog-Privatisierung - und zeigte sich am Dienstag als mit einer guten Erinnerung ausgestattet.

Er habe sich seine Unterlagen von damals durchgesehen, um für die Verhandlung vorbereitet zu sein, gab er zu Protokoll und führte dann auf eine entsprechende Frage der Richterin aus: Der mitangeklagte, aber aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht im Gericht anwesende, Immobilienmakler Ernst Karl Plech sei immer wieder bei Sitzungen dabei gewesen. Er selbst habe aber nur einmal mit ihm geredet, meinte der Zeuge, der für seine Einvernahme aus London angereist war. Der Hintergrund: Das Finanzministerium habe dem Banker-Team nahe gelegt, sich bei Plech - damals Buwog-Aufsichtsratchef - vorzustellen.

Allerdings: Das Gespräch mit Plech sei kryptisch verlaufen, meinte der Zeuge. Was genau er mit dieser Zuschreibung meinte, ließ er vor Gericht allerdings offen.

Auskunftsfreudiger zeigte sich der Ex-Banker beim Thema, welche Aufgabe denn nun der Auswahlkommission zugekommen sei - hier wichen die vergangenen Zeugenbefragungen nämlich deutlich von einander ab. Zuletzt hatte sie etwa Gerhard Steger, Ex-Chef der Budgetsektion im Finanzministerium, als aufgeblasenes, aber zahnloses Gremium ("zum Krenreiben") bezeichnet. Der Berater beschrieb deren Aufgabe hingegen folgendermaßen: Sie habe den Zweck gehabt, die  Entscheidung, wer den Zuschlag für die Wohnungsgesellschaften bekommt, auf eine breitere Basis zu stellen. Anders gesagt: Experten einzubeziehen, damit der Minister nicht alleine entscheide.

Morgen, Mittwoch, stehen weitere Zeugenbefragungen auf der Agenda. Am Donnerstag können sich dann die Angeklagten zu den bisherigen Zeugenaussagen außern.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

(hell/APA)

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