BVT listet 364 "ausgeforschte Mitglieder" der Identitären auf

Blick auf das BVT
Blick auf das BVT(c) Clemens Fabry, Presse
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Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll auf Basis von Zahlungen eine Liste erstellt haben. Darauf finden sich auch aktive FPÖ-Mitglieder. Die Gruppierung bestreitet die Liste und ortet eine "politisch motivierte Rufmordkampagne".

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat vergangenes Jahr auf der Grundlage von Zahlungen eine Liste mit 364 "ausgeforschten Mitgliedern" der Identitären angelegt. Auf der Liste befinden sich auch aktive FPÖ-Mitglieder - die eine Mitgliedschaft bestreiten - sowie ein Sohn eines ÖVP-Politikers, berichten die "Salzburger Nachrichten" sowie die "ZiB 2" des ORF.

Zu finden ist dies in einem "Anlassbericht" des BVT aus dem Jahr 2018 an die Staatsanwaltschaft Graz. Darin heißt es einleitend, dass man von rund 550 Mitgliedern ausgehe. "Davon konnten im Zuge der bisherigen Auswertung 364 Personen eindeutig identifiziert werden", zitiert die Zeitung aus dem Dokument. Laut "ZiB 2" wurden 528 Mitgliedsnummern ermittelt. Die Einnahmen der Identitäre über drei Vereine machten seit 2012 mehr als 700.000 Euro aus.

Frage nach Zahlungen eine "Frechheit"

Auf der BVT-Liste findet sich ein FPÖ-Bezirksparteivorsitzender, der laut "SN" eine Mitgliedschaft abstreitet, eine Spende vor Jahren aber für möglich hält. Ähnlich argumentiert der Büroleiter eines prominenten blauen Stadtpolitikers in Oberösterreich, der 30 Prozent an dem umstrittenen rechten Magazin "Info Direkt" hält. Kein Mitglied will auch der Grazer FPÖ-Gemeinderat (und bisherige Vermieter der dortigen Identitären-Zentrale) Heinrich Sickl gewesen sein, der sich ebenfalls auf er Liste findet. Die Frage nach Zahlungen bezeichnete er gegenüber beiden Medien als "Frechheit".

Die Ermittler hatten die mutmaßlichen Mitglieder aufgrund von Zahlungen auf Konten der Identitären ermittelt. Herangezogen wurden dabei der angeführte Verwendungszweck (Mitgliedsbeitrag, Monatsbeitrag, Mitgliedsnummer) oder regelmäßige Zahlungen. Ab Juli 2017 waren die Zahlungsflüsse für die Behörden schwerer nachvollziehbar, weil die Identitäre Bewegung ihre Konten ins Ausland verlagert hatte.

Ein weiterer Bericht, der nach dem Freispruch der Identitären in Graz im Vorjahr erstellt wurde, befasst sich mit der Bewaffnung der Identitären. Rund jedes Fünfte der 364 Mitglieder, insgesamt 75, besitzt demnach eine Schusswaffe. Gegen zehn bestand zu dem Zeitpunkt ein aufrechtes Waffenverbot, 68 hatten kriminalpolizeiliche Vormerkungen wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung. 32 waren rechtskräftig verurteilt; 16 wegen Gewaltdelikten, sechs nach dem Verbotsgesetz.

Gruppierung bestreitet Zahl angeblicher Mitglieder

Die Identitären bestreiten die Zahl angeblicher Mitglieder. "Uns ist nicht erklärlich, worum es sich bei dieser Liste genau handeln soll", teilte die Gruppierung am Freitag in einer Aussendung mit. Es handle sich vielmehr um eine "politisch motivierte Rufmordkampagne".

"Die Identitäre Bewegung hat einen Trägerverein, in dem nur eine Handvoll ordentlicher Mitglieder tätig ist", stellte die rechtsextreme Gruppierung in ihrer Stellungnahme die Zahlen in Abrede. "Abgesehen davon gibt es in ganz Österreich rund 300 Aktivisten, die für unsere Ideale auf die Straße gehen. Sie sind auf keiner wie auch immer gearteten Liste vermerkt. Keiner von ihnen ist vorbestraft." Es gebe außerdem keine formelle Mitgliedschaft.

Allerdings sprachen die Identitären von rund 500 regelmäßigen Förderern, welche die Bewegung mit Monatsbeiträgen unterstützten. Jeder könne dies via Onlineformular tun. Im Jahr 2018 habe es außerdem rund 600 Einzelspenden gegeben. Darüber hinaus erreiche man mit regelmäßigen Rundbriefen und Aussendungen knapp 20.000 Personen. Worauf sich die 550 Mitglieder des BVT beziehen, ist den Identitären "schleierhaft".

Weiter hieß es in der Stellungnahme: "Wir können und wollen nicht die Vita und Lebensgeschichte unserer Förderer, Spender, oder Rundbriefempfänger eruieren und übernehmen, wie im Fall Christchurch, selbstverständlich keinerlei Verantwortung für deren Taten oder Handlungen." Die "konstruierte Liste" sei ein "weiterer durchschaubarer und billiger Versuch, die IBÖ medial zu diffamieren, da es keine Grundlage für ein juristisches Verbot gibt".

>>> Bericht der ORF-Sendung „ZiB2"

>>> Bericht der „Salzburger Nachrichten“ 

(APA)

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