Grazer FPÖ-Vizebürgermeister übersteht Misstrauensantrag

Der Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ) und der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP)
Der Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ) und der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP)APA/INGRID KORNBERGER
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Die Stimmen von Mario Eustacchios Parteikollegen sowie des Koalitionspartners ÖVP mit Bürgermeister Siegfried Nagl an der Spitze reichten für eine einfache Mehrheit.

Der Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ) hat Donnerstagabend den von den Oppositionsparteien eingebrachten Misstrauensantrag in einer Sondersitzung des Gemeinderats klar überstanden. Die Stimmen seiner Parteikollegen sowie des Koalitionspartners ÖVP mit Bürgermeister Siegfried Nagl an der Spitze reichten für eine einfache Mehrheit. Er bleibt damit zweiter Mann im Grazer Rathaus.

Der Misstrauensantrag war von den Grünen, der KPÖ, der SPÖ und den NEOS wegen eines möglichen Naheverhältnisses von Eustacchio zur Identitären Bewegung am Dienstag eingebracht worden. Die Abstimmung in der außerordentlichen Sitzung erfolgte auf Stimmzetteln, nicht per Handzeichen. Von 46 anwesenden Gemeinderäten stimmten 27 gegen den Antrag, 19 dafür. Somit dürften - wie erwartet - alle schwarzen und alle blauen Mandatare gegen den Antrag gestimmt haben. Eustacchio gab danach keine Stellungnahme ab.

Dreisiebner an ÖVP: "Ziehen Sie einen Schlussstrich"

Antragsteller, Grünen-Klubobmann Karl Dreisiebner, schilderte vor der Abstimmung, dass die Sondersitzung nicht nötig gewesen wäre, wenn es genug "Selbstreinigungsmechanismen" in der Koalition gegeben hätte. Ein Rücktritt Eustacchios sei bereits vergangene Woche an der Zeit gewesen, "um die Sache mit Anstand zu bereinigen". Das sei aber nicht geschehen. Noch vor einer Woche habe der Vizebürgermeister die "Hysterie" nicht verstehen wollen und er habe keinen Grund gesehen, sich von irgendetwas zu distanzieren, zitierte Dreisiebner. Der Grünen-Klubobmann appellierte speziell an die ÖVP-Gemeinderäte: "Ziehen Sie einen Schlussstrich." Man möge wieder echte Menschenrechtsstadt werden.

NEOS-Gemeinderat Niko Swatek meinte, dass Eustacchio seine Gesinnung vergangene Woche klar gezeigt habe, und er hält diese für nicht vereinbar mit den Menschenrechten. KPÖ-Gemeinderat Manfred Eber ortete ein untragbares "in Schutz Nehmen der Identitären" durch den Vizebürgermeister. Dabei würden für ihn in seiner Position "besondere Maßstäbe und Sensibilität gelten". SPÖ-Klubchef Michael Ehmann sagte: "Ich dachte, es gibt einen Konsens gegen Extremismus und Intoleranz, aber nun bin ich mir da nicht mehr sicher. Ich dachte, wir hätten aus der Geschichte gelernt." Graz habe einen guten Ruf als Kultur-, Universitäts- und Wirtschaftsstandort - diesen gelte es zu wahren.

FPÖ: „Sie stören und patzen gute Koalitionsarbeit an"

Aus den Reihen der FPÖ meldete sich Claudia Schönbacher zu Wort und sagte zur Opposition: "Sie befassen sich lieber mit uns, als mit echter politischer Arbeit, und stören und patzen die gute Koalitionsarbeit an." Nagl unterstrich, dass extremistische Ansichten in Graz keinen Platz hätten: "Ja, ich war vorige Woche bei der Pressekonferenz vom Statement (von Eustacchio, Anm.) betroffen." Der Bürgermeister habe in der Situation nicht sofort reagiert, weil er "zuerst denke und dann rede". Sein Vize habe sich später von den Identitären distanziert: "Ich will es ihm wachsam glauben." Nagl vertraue auf die "Handschlagqualität" von Eustacchio und will "das Gute im Menschen sehen".

Grünen-Stadträtin Judith Schwentner nannte den Antrag ein "Angebot an die ÖVP, sich zu distanzieren und Haltung zu zeigen". Man müsse und soll über vieles streiten, "aber Demokratie, Gewaltfreiheit und Menschenrechte stehen außer Streit". Eustacchio trenne von den Identitären nur, dass er im Gegensatz zu ihnen nicht aktionistisch sei. Worte wie "Vermehrungsrate von Ausländern" würden ihm nicht vor Medien über die Lippen kommen, doch würden sie von ihm bei anderen Gelegenheiten gesagt werden. "Sagen Sie uns heute doch, was Sie denken", forderte sie ihn auf. Der Vizebürgermeister allerdings ergriff das Wort nicht.

Auslöser für den Misstrauensantrag war der Verdacht eines Naheverhältnisses von Eustacchio zu der Identitären Bewegung. Noch vergangene Woche hatte er deren Inhalte bei einer Pressekonferenz zum Teil unterstrichen. Am Montag folgte dann die Distanzierung: "Heute bin ich gescheiter." Er wolle bei niemanden anstreifen, der "radikal, oft sogar kriminell und antisemitisch" sei. Eustacchio habe seinen Parteikollegen und Gemeinderat Heinrich Sickl aufgefordert, das Mietverhältnis mit der Identitären Bewegung sofort zu lösen: "Diese Nähe wollen wir nicht, und daher wird dieses Mietverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgelöst. Die Identitären ziehen aus."

(APA)

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