OLG Wien entscheidet gegen Grasser-Anwalt Ainedter

Manfred Ainedter
Manfred Ainedter Clemens Fabry, Presse
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Manfred Ainedter muss die Behauptung, Willibald Berner sei ein Lügner, unterlassen und im ORF-Radio öffentlich widerrufen, urteilt das Oberlandesgericht. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

In einem Zivilrechtsverfahren gegen den Anwalt von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat der Kläger, Willibald Berner, nun durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Wien Recht bekommen. Demnach muss Manfred Ainedter die Behauptung, Berner sei ein Lügner, unterlassen und im ORF-Radio im "Journal um Acht", wo er sie getätigt hatte, öffentlich widerrufen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Das OLG Wien hat damit als Berufungsgericht ein erstinstanzliches Urteil des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen im Wesentlichen bestätigt. präzisiert wurde dahingehend, dass Ainedter in Zukunft nicht behaupten dürfe, Berner habe über den Inhalt eines Gespräches mit dem ehemaligen Soravia-Manager Martin Ohneberg gelogen.

Antrag auf außerordentliche Revision möglich

Ainedter kann nun die Zulassung einer außerordentlichen Revision beantragen - was er auch tun werde, wie der Anwalt am Dienstag ankündigte. Notfalls, sagte Ainedter, werde er zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen.

Täte er dies nicht, würde das OLG-Urteil in vier Wochen rechtskräftig. Tritt der Richterspruch in Kraft, müsste Ainedter Berner die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz ersetzen (6452,56 Euro und 1849,92 Euro). Und er müsste im ORF-Radio die inkriminierte Behauptung widerrufen, so Berners Anwalt Martin Deuretsbacher.

Im Urteil des OLG Wien heißt es dazu wörtlich: "Der Berufungswerber (Ainedter, Anm.) stützt sich darauf, dass es einem Rechtsanwalt möglich sein müsse, die Behauptungen der Gegenseite als unrichtig zu bezeichnen. Er spricht damit den Rechtfertigungsgrund des § 9 Abs 1 RAO an. Nach § 9 Abs 1 RAO ist der Rechtsanwalt befugt, alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seiner Partei für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen und ihre Angriffs-und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und den Gesetzen nicht widerstreiten."

Nach der Judikatur agiere ein Rechtsanwalt, „der im Rahmen eines medialen Auftritts einen verbalen Angriff gegen einen (potenziellen) Prozessgegner seines Klienten startet, nicht im Rahmen der ihm als Rechtsvertreter zukommenden Aufgaben der Rechtspflege“. Öffentliche ehrenbeleidigende Behauptungen über den Gegner könnten weiters nur zu einer unsachlichen Emotionalisierung führen, die der Rechtspflege abträglich seien.

Ainedter im Dezember 2017: „Einer lügt"

Der Auslöser der Causa liegt im Jahr 2017: Ainedter hatte im Anschluss an eine Verhandlung im Strafprozess gegen Grasser und andere wegen Korruptionsverdacht bei der Buwog-Privatisierung vor Journalisten über Berner gesprochen und diesem Lüge vorgeworfen. "Einer lügt. Nachdem der Herr Ohneberg freigesprochen wurde, bleibt wohl nur der Herr Berner über", sagte Ainedter laut einem ORF-Radiobericht vom 14. Dezember 2017.

Berner war ab Februar 2000 Kabinettschef im Infrastrukturministerium. Bei den Ermittlungen zum Korruptionsverdacht bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (u.a. Buwog) hat Berner Grasser belastet. Laut Anklageschrift soll er gesagt haben, dass ihm der (mitangeklagte) Lobbyist Peter Hochegger im Jahr 2000 erzählt habe, dass sich Grasser und andere aus der FPÖ bei Privatisierungen der schwarz-blauen Regierung bereichern wollten. Grasser und Hochegger weisen diese Darstellung zurück.

Zufälliges Treffen auf der Straße

Im Herbst 2009 hatte Berner auf dem Weg zu einer Zeugeneinvernahme bei der Staatsanwaltschaft zu den Buwog-Ermittlungen Ohneberg zufällig auf der Straße getroffen. Was die beiden dabei genau gesprochen haben, darüber gehen ihre Angaben auseinander.

Ohneberg wurde im Zivilverfahren als Zeuge einvernommen. Er bestätigte das zufällige Zusammentreffen und meinte, er habe mit ihm damals auch über die Dorotheums-Privatisierung gesprochen. Dann habe er nur grundsätzlich gesagt, wenn irgendwo irgendeiner was macht, würde er wohl nur Bares nehmen. Grasser habe er damit nicht gemeint und auch nicht, dass bei der Dorotheums-Privatisierung jemand Geld genommen hätte. Das Dorotheum war im September 2001 von Schwarz-Blau, als Grasser Finanzminister war, privatisiert worden.

Berner hingegen sagte bei seiner Einvernahme im Zivilverfahren, Ohneberg habe damals dem - als Belastungszeugen gegen Grasser auftretenden - gemeinsamen Bekannten Michael Ramprecht alles Gute gewünscht, aber gemeint, Ramprecht werde wohl überbleiben, denn wenn es überall so gehe wie beim Dorotheum, dann habe "er" wohl immer nur Bargeld genommen. Ohneberg habe damals Grasser im Zusammenhang mit Korruption nicht namentlich erwähnt, sagte Berner, aber im Zusammenhang mit der Dorotheums-Privatisierung.

Zwei Wahrheiten?

Ainedter verwies im Zivilverfahren wiederum auf ein Verfahren gegen Ohneberg wegen des Vorwurfs falscher Zeugenaussage, in dem Ohneberg freigesprochen worden war. Im ORF-Interview habe er ohnehin hauptsächlich über Hochegger geredet, der Berner im Zusammenhang mit dem angeblichen „Tatplan“ (gemeint ist: bei Privatisierungen „mitschneiden") selber der Lüge bezichtige. Das sei der Kern des Interviews gewesen, das von der Journalistin aber zusammengeschnitten worden sei. Es sei aber auch nicht falsch, was er gesagt habe, verteidigte sich Ainedter. Es könnten nämlich nicht zwei Wahrheiten nebeneinander bestehen.

Die Richterin belehrte Ainedter im erstinstanzlichen Urteil, dass aus einem Freispruch für Ohneberg nicht geschlossen werden könne, dass Berner die Unwahrheit sage. Nicht gerechtfertigt im Sinne der Rechtsanwaltsordnung sei das Verbreiten von die Ehre verletzenden und rufschädigenden Behauptungen in den Medien.

(APA/Red. )

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