U-Ausschuss: Aufträge an BVT-Mitarbeiter "mit der Stimme des Ministers"

Die Presse
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Wolfgang Sobotka, Nationalratspräsident und Ex-Innenminister, musste zu Vorwürfen gegen ihn Stellung nehmen: BVT-Mitarbeiter sollen Inhalte für das ÖVP-Wahlprogramm erstellt haben, heißt es.

Nach einer längeren Pause tritt heute wieder der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Causa um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zusammen - und das gleich mit einem prominenten Gast: Als Auskunftsperson geladen war erstmals der jetzige Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).

>> Vorwürfe gegen Sobotka werden Thema im BVT-U-Ausschuss

Sobotka stand vor seiner vor seiner aktuellen Aufgabe dem Innenressort vor - 2016 und 2017 war er Innenminister; insgesamt stellte die Volkspartei ab 2000 die Chefs des Innenressorts, ehe im Dezember 2017 die FPÖ mit Herbert Kickl die Geschäfte übernahm.

Die Opposition hatte bereits im Vorfeld von Sobotkas Befragung angekündigt, im U-Ausschuss thematisieren zu wollen, dass Sobotka sich im BVT ein Papier für das ÖVP-Wahlprogramm beziehungsweise die Koalitionsverhandlungen erstellen habe lassen. Zu dieser Causa mussten am Dienstag dann auch ein früherer Kabinettsmitarbeiter Sobotkas sowie die frühere Leiterin der Rechtsabteilung im BVT den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.

Pilz stellt Amtsmissbrauch in den Raum

Der nunmehrige Nationalratspräsident geizte allerdings bei seiner Befragung durch die Abgeordneten dann mit Informationen. Er sagte etwa aus, dass er das Konvolut mit Vorwürfen gegen das BVT - auf dem die gesamte Causa, samt Ermittlung der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Razzia und eben auch U-Ausschuss fußt - „bis zum heutigen Tag“ gar nicht kenne, obwohl es während seiner Amtszeit und in seinem Ressort aufgetaucht war. Seine Mitarbeiter hätten gewusst, wie man mit so anonymen Vorwürfen umgehe. Informationen seien an die zuständigen Stellen weitergeleitet, der Minister aber nicht persönlich informiert worden, da sich dieser sonst dazu äußern müsste.

Die Opposition konzentrierte sich auf E-Mails aus dem Innenministerium, die nahelegten, dass das Kabinett Sobotkas aus dem BVT Informationen für den ÖVP-Wahlkampf geordert hatte. Der „Jetzt“-Abgeordnete Peter Pilz stellte hier den Verdacht des Amtsmissbrauchs in den Raum. Sobotka schloss hingegen aus, eine Bestellung für die Wahlkampagne in Auftrag gegeben zu haben. Wenn sein Kabinett Informationen geordert haben sollte, dann sei es darum gegangen, als Innenminister über aktuelle Themen informiert zu sein, die an ihn herangetragen werden könnten. So finde sich im Wahlprogramm nichts von den Informationen, die vom BVT geliefert worden sein könnten. Kai Jan Krainer (SPÖ) sagte dazu, dass dies nicht relevant sei - es gehe darum, ob der Auftrag erteilt worden sei, nicht darum, ob die Informationen letztendlich verwendet wurden.

Überhaupt wollte Sobotka mit dem BVT nicht viel zu tun gehabt zu haben: "Ich bin kein James Bond, da kann ich Sie beruhigen."

Parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen im BVT bestätigte Sobotka nicht. Man habe immer nach den am besten qualifizierten Menschen gesucht - die seien dann auch zum Zug gekommen.

Ex-Rechtsbeauftragte: „Ein Minister bleibt im Wahlkampf Minister“ 

Michaela K., die frühere Leiterin des Referats Recht im BVT, wollte sich nicht vom Kabinett für parteipolitische Arbeit beziehungsweise den Nationalratswahlkampf 2017 missbraucht sehen. "Ein Minister bleibt auch im Wahlkampf Minister. Mich hat als Beamtin der Wahlkampf nicht zu interessieren", meinte die Juristin.

Die E-Mails, in aus dem Kabinett Sobotkas Informationen für den Wahlkampf gefordert worden waren, fußten auf einer Besprechung zu einem Anti-Terrorgesetz in Frankreich, gab K. an. Sie habe als Leiterin der Rechtssektion Problemfelder in der österreichischen Rechtsordnung erarbeitet sollen. "Das war für mich ein normaler Arbeitsauftrag."

Die Zeugin überraschte mit der Aussage, das BVT verlassen zu haben, weil die Zusammenarbeit mit ihrem Vorgesetzten "unerträglich" geworden sei. Mit ihrem unmittelbaren Chef verstehe sie sich gar nicht, weshalb sie ihren früheren Bereich, der ihr sehr ans Herz gewachsen sei, aufgegeben habe, sagte K.

Ex-Kabinettsmitarbeiter S. sah von seiner Seite jedenfalls keinen Auftrag an die BVT-Mitarbeiter, Wahlkampfinhalte zu erstellen. Es habe sich lediglich um die Ausarbeitung relevanter Themen für den Innenminister gehandelt, interpretierte er die Zusammenarbeit mit der BVT-Juristin K. Dass diese mehrmals in E-Mails von Wahlkampfinhalten gesprochen habe, habe ihn nicht irritiert, da er den Auftrag anders aufgefasst habe.

>> BVT-U-Ausschuss: Was war, was kommt

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