Berichte über Ermittlungen: Last oder Hilfe?

Ankläger müssen regelmäßig ihren Vorgesetzten berichten.

Wien. Es war einmal die Idee einer zentralen Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Korruption, die frei, ganz ohne Querschüsse, ermitteln können solle. Die Pflicht der Ankläger, ihre Oberbehörden über bestimmte Schritte zu informieren (Beispiel: Antrag auf U-Haft-Verhängung), sollte dieser Superbehörde weitestgehend erspart bleiben. Ja, das war einmal. Vor zehn Jahren. Als die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegründet wurde.

Mittlerweile müssen nicht nur die „normalen“ Staatsanwälte, sondern auch die Korruptionsjäger regelmäßig „nach oben“ berichten – nicht erst ganz am Schluss Ermittlungsverfahrens, wie das ursprünglich gedacht war. Mehr noch: Zuletzt wurde die Berichtspflicht infolge der Hausdurchsuchung beim BVT weiter verschärft.

Die Ermittler selbst sehen das Schreiben der Berichte mitunter als lästige Pflicht. Sie sehen sich an die kurze Leine genommen. WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda hat vor Kurzem die immer intensiver werdende Berichtspflicht infrage gestellt. Sie vermied es zwar, von Schikanen zu sprechen, aber: Das Verfassen der vielen Informationsberichte koste (zu) viel Zeit. In bereits 45,1 Prozent der Verfahren seien derartige Informationsberichte nötig, merkte sie kritisch an.

Heimliche Aufzeichnungen

Nun verfasste Vrabl-Sanda quasi einen ganz besonderen Informationsbericht – einen, in dem haarklein steht, was bei einer internen Eurofighter-Dienstbesprechung gesagt wurde. Das Papier wanderte an Justizminister Moser – und gilt als Anzeige gegen Generalsekretär Pilnacek. Offenbar wurde die Dienstbesprechung heimlich aufgezeichnet.

Die Oberbehörden, die vier Oberstaatsanwaltschaften und das Ministerium, geben die Berichte offiziell als Möglichkeit aus, bei der Qualitätssicherung mitzuhelfen. Aber klar: Durch die Berichte weiß man „oben“ auch immer, was „unten“ so läuft. (m. s.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2019)

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