516 Tage Regierung Kurz, aber nicht die kürzeste

Ein Bild aus besseren Zeiten: Im Juni 2018 flog fast die gesamte Regierung anlässisch der österreichischen Ratspräsidentschaft nach Brüssel.
Ein Bild aus besseren Zeiten: Im Juni 2018 flog fast die gesamte Regierung anlässisch der österreichischen Ratspräsidentschaft nach Brüssel.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Türkis-Blau war nicht die Kürzeste Regierung in Tagen, jedoch nicht in Prozent der vorgesehenen Amtszeit. Strache war 516 Tage Vizekanzler und damit kürzer im Amt als der von ihm gerne verhöhnte Kurzzeitkanzler Kern.

„Genug ist genug“, sprach Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und beendete nach dem Ibiza-Eklat von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) die Türkis-blaue Koalition. Es sollte eine der kürzesten Koalitionen in der Geschichte der Zweiten Republik sein. 516 Tage war das Kabinett Kurz seit der Angelobung im Amt - gerechnet bis vergangenen Samstag, als Strache zurücktrat. Wird die Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ nach der Wahl nicht fortgesetzt, wäre Türkis-Blau die kürzeste aller Koalitionen.

Kabinett Kreisky I: 562 Tage

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Kurz und Strache waren noch nicht ganz so lang im Amt wie der von der FPÖ immer wieder als "Kurzzeitkanzler" verspottete Christian Kern (SPÖ). Er brachte es immerhin auf 580 Tage als Regierungschef. Kern löste Werner Faymann 2016 an der Spitze der Regierung ab, als Fortsetzung von dessen zweitem Kabinett. Nur zwei Regierungen gingen bisher  flotter in Neuwahlen als Türkis-Blau - in beiden Fällen wurden sie danach aber von denselben Parteien fortgesetzt: Das Kabinett Kreisky I - die bisher einzige Minderheitsregierung - blieb 1970/71 nur 562 Tage, weil Bruno Kreisky (SPÖ) Neuwahlen ausrief - ein kluger Schachzug, wie die Wahlen zeigten. Im November 1971 errang die SPÖ die absolute Mehrheit und das Kabinett Kreisky II nahm die Arbeit auf.

Kabinett Vranitzky IV: 469 Tage

Nur 469 Tage im Amt war die rot-schwarze Koalition nach der Wahl 1994. Das nach der Wahl im Oktober 1994 eingesetzte Kabinett Vranitzky IV ging schon am 17. Dezember 1995 in eine Neuwahl - weil der damals neue ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel einen Budgetstreit anfing und die Koalition aufkündigte. Da eine schwarz-blaue Mehrheit nur hauchdünn gewesen wäre, blieb Schüssel auch im (am 12. März 1996 angelobten) Kabinett Vranitzky V Vizekanzler neben Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ).

Kabinett Schüssel I: Etwas länger als drei Jahre Kabinett Schüssel II: Fast vier Jahre

Die hauchdünne Mehrheit hinderte Schüssel vier Jahre nicht daran, erstmals eine schwarz-blaue Koalition zu bilden - als Zweiter (FPÖ) und Dritter der Wahl (ÖVP). Die Zusammenarbeit litt zwar bald unter schweren FPÖ-Turbulenzen - aber die zwei in dieser Zeit besiegelten Regierungen hielten länger als das jetzige Türkis-Blau: Das Kabinett Schüssel I war vom 4. Februar 2000 bis 28. Februar 2003 im Amt - und das nach der Neuwahl vom 24. November 2002 (mit dem ÖVP-Triumph) am 28. Februar 2003 angelobte Kabinett Schüssel II blieb bis 11. Jänner 2007, also nach der Neuwahl 2006, die Rot-Schwarz zurückbrachte.

Da Kurz jetzt sofort die Neuwahl ausgerufen hat, wird auch die mit der Konstituierung am 14. November 2017 gestartete Gesetzgebungsperiode eine der kürzesten der Zweiten Republik. Wird im Oktober neu gewählt und der Nationalrat im November konstituiert, dauert sie rund 720 Tage. Das sind keine 40 Prozent der (seit 2013) vorgesehenen fünf Jahre. Bis zum heutigen Tag hat dieser Nationalrat erst 580 Tage und somit noch kein Drittel (32 Prozent) abgearbeitet.

Weniger als 40 Prozent der Periode wurden nur bei der von Schüssel ausgerufenen Neuwahl 1995 erreicht: Mit 434 Tagen hielt der Nationalrat nur über 30 Prozent der damals noch vierjährigen Legislaturperiode. Und 40 Prozent waren es als Kreisky 1971 die Neuwahl ausrief, die der SPÖ die absolute Mehrheit brachte.

Vizekanzler mit der zweit-kürzesten Amtsdauer

Die kurze Regierungszeit macht Heinz-Christian Strache zum Vizekanzler mit der zweit-kürzesten Amtszeit. Nur Herbert Haupt war kürzer Vizekanzler der Zweiten Republik. Haupt scheiterte während der ersten Zusammenarbeit der FPÖ mit der ÖVP im Jahr 2003 - allerdings nicht aus eigenem Verschulden, sondern nach langer Demontage in der damals nach den vielen Wahlschlappen zerrütteten Partei.

Bei der Dauer als Parteichef liegt Strache ebenfalls auf dem zweiten Platz. Strache war 2005, als er nach dem Abgang von Jörg Haider und dessen Gründung des BZÖ, der erste Wiener und - erstmals gewählt mit 35 Jahren - der jüngste aller Zeiten, ein Jahr jünger als Haider im Jahr 1986. Unangefochtener Rekord-Obmann ist nach wie vor Friedrich Peter: Er führte die Geschäfte gut 20 Jahre lang, von 1958 bis 1978.

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