Anfangsverdacht gegen Strache wird doch geprüft

Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache.
Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache.APA/AFP/ALEX HALADA
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Die Oberstaatsanwaltschaft rudert zurück und sieht in der Ibiza-Causa nun doch mögliche strafrechtliche Relevanz.

Wien. Es war die Rede von Parteispenden, die in Aussicht gestellt wurden. Und Staatsaufträgen als Gegenleistung. Dass man sich bei Österreichs größtem Medium, der „Kronen Zeitung“, einkaufen könnte.

Ist das, was an diesem lauen Sommerabend 2017 in Ibiza in einer Finca zwischen einer vermeintlichen Nichte eines russischen Oligarchen, Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Klubobmann Johann Gudenus gesagt wurde, nun strafrechtlich relevant oder nicht? Handelt es sich dabei schon um Korruption? Oder Bestechlichkeit?

Ein Anfangsverdacht bestünde laut erster Einschätzung der Oberstaatsanwaltschaft Wien eher nicht, berichtete Ö1 am Samstag. Dennoch solle die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalschaft (WKStA) beauftragt werden, das Video herbeizuschaffen, hieß es noch vor zwei Tagen.

Dass kein Anfangsverdacht bestehe, diese Rechtsmeinung teilen bei Weitem nicht alle. So schrieb etwa Andreas Scheil, Strafrechtsprofessor der Universität Innsbruck, auf Twitter: „Aus aktuellem Anlass. Um einem weitverbreiteten Irrtum entgegenzutreten: Die Korruptionsbestände, Bestechlichkeit, Vorteilsannahme und Vorteilsannahme zur Beeinflussung verwirklicht bereits, wer einen materiellen oder immateriellen Vorteil fordert.“

Neubewertung nach dem Wochenende

Auch die Oberstaatsanwaltschaft ging über das Wochenende offenbar noch einmal in sich und relativierte am Montag ihre Aussagen: „Am Wochenende kam die Oberstaatsanwaltschaft Wien zum Ergebnis, dass auf Basis der kolportierten Inhalte des Videos das Vorliegen eines Anfangsverdachts nicht abschließend beurteilt werden kann“, heißt es gegenüber der „Presse“. Die WKStA wurde damit beauftragt, sämtliche verfügbaren Informationen zusammenzutragen und einen Anfangsverdacht zu überprüfen. In alle Richtungen und ergebnisoffen.

Dass eine Oberbehörde gleich selbst mit einer derartigen Einschätzung beauftragt wird – und diese innerhalb von nicht einmal 48 Stunden erfolgt, ist äußerst ungewöhnlich. Normalerweise bekommt eine Staatsanwaltschaft den Auftrag, einen Anfangsverdacht zu prüfen. Das dauert gern auch mal einige Monate – wie man etwa in der BVT-Affäre sehen kann. Sind Personen des öffentlichen Lebens in den Fall involviert, besteht Berichtspflicht: Heißt, die Oberstaatsanwaltschaft prüft, ob weiter ermittelt werden soll oder nicht. Diesmal wurde der direkte Weg genommen. „Weil es außergewöhnlich ist“, heißt es aus der Oberstaatsanwaltschaft. (ath)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2019)

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