Hartwig Löger führt mit seiner unaufgeregten Art das Finanzressort – und künftig in Abwesenheit des Kanzlers die Regierung.
Wien. Gefühlsausbrüche? Von diesem Mann? Nein, das kann man sich nicht vorstellen. Hartwig Löger hat sich in seinen eineinhalb Jahren als Finanzminister den Ruf eines braven Arbeiters erworben, der seine Themen sachlich abarbeitet und in Schachtelsätzen der Öffentlichkeit präsentiert. Das trage ihm den Ruf als „fader Minister“ ein, meinte er im April bei einer Podiumsdiskussion in Wien. Aber, meinte er damals in Anspielung auf einen seiner Vorgänger im Ministerium, Karl-Heinz Grasser: „Ich bin froh, heute hier zu sitzen und nicht irgendwo auf einer Anklagebank.“ Auch das gehört zu Löger: Seine kriminelle Energie reicht wahrscheinlich nicht aus, um Sonntagszeitungen zu stehlen.
Dass Sebastian Kurz ihn als Vizekanzler gewählt hat, ist aus vielen Gründen ein logischer Schritt. Ein Grund ist, dass Löger mit dem Finanzressort das wichtigste Ministerium der ÖVP leitet. Ein anderer, dass sich die beiden schon lang kennen. Kurz arbeitete einst vorübergehend bei der Uniqa-Versicherung. Sein Vorgesetzter damals: Hartwig Löger. Eigentlich kommt der 53-Jährige ja aus einer sozialdemokratischen Familie. Sein Vater war jahrzehntelang Eisenbahnergewerkschafter, bei Sohn Hartwig wirkte sich das nur mit einer Begeisterung für Modelleisenbahnen aus. Maturiert hat er am Stiftsgymnasium Admont, versuchte sich erfolglos als Pilot, stieg ins Versicherungsgeschäft ein und brachte es zuletzt bis zum Österreich-Chef der Uniqa.
Löger nannte einmal Seneca als Vorbild. Von dem römischen Philosophen stammt unter anderem dieser Spruch: „Unglücklich ist, wer vor der Zukunft Angst hat.“ (rie)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2019)