Verfassung: Über Eleganz lässt sich streiten

Sollte der Verfassungsgerichtshof dafür eingesetzt werden, potenzielle Organstreitigkeiten zwischen Bundespräsident, Regierung und Parlament zu entscheiden?
Sollte der Verfassungsgerichtshof dafür eingesetzt werden, potenzielle Organstreitigkeiten zwischen Bundespräsident, Regierung und Parlament zu entscheiden?(c) HANS KLAUS TECHT / APA / picture (HANS KLAUS TECHT)
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Die von Bundespräsident Van der Bellen hochgelobte Grundordnung des Staates ist inhaltlich und formal diskussionswürdig. Auch wenn sie diesmal eine Staatskrise verhindert hat.

Man kann die Verfassung elegant finden. Oder man kann sie genau betrachtet haben. Beides zusammen ist schwer vereinbar. Zwar hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der die bald 100-Jährige gar so schön findet, gutes Regierungskrisenmanagement aufgrund der Verfassung betrieben. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Österreichs Grundordnung inhaltlich und formal diskussionswürdig ist.

Selbstverständlich enthält das 1920 beschlossene und auch heute geltende Bundes-Verfassungsgesetz Regeln für den Fall, dass die Regierung das Vertrauen des Parlaments verliert. In diesem Moment geht ja die für die Demokratie essenzielle Legitimation der Regierenden durch die Vertreter des Volkes verloren. Das haben SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt mit ihrem Misstrauensvotum gegen das Kabinett von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ausgedrückt, wie er es nach dem Zerbrechen der türkis-blauen Koalition geformt hat.

Destruktives Misstrauen

Doch schon über die Eleganz des Misstrauensvotums lässt sich streiten. Denn die Mehrheit im Nationalrat sagt damit nur, dass sie die amtierende Regierung ablehnt, nicht aber, welche sie stattdessen wünscht. Deshalb wird das Misstrauensvotum auch „destruktiv“ genannt. Es liegt rechtlich allein am Bundespräsidenten, eine Regierungsspitze zu bestellen und auf deren Vorschlag eine Ministerinnen- und Ministerriege. Ohne Koalitionsmehrheit im Parlament kann sich diese Regierung, wie einst in monarchischen Zeiten, nur auf das Vertrauen des Staatsoberhaupts stützen; vom Parlament kann sie jederzeit wieder aus dem Amt gejagt werden.

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