Parteienfinanzierung: Gutachten soll Verdacht gegen ÖVP erhärten

Wilhelm Molterer
Wilhelm MoltererAPA/ROLAND SCHLAGER
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Ein Vorhabensbericht ist laut Staatsanwaltschaft Wien in Vorbereitung. Aus der ÖVP heißt es, die Vorwürfe lägen bis zu 19 Jahre zurück und würden damit "nicht die Vertreter der neuen Volkspartei betreffen".

Während die Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft über mutmaßliche verdeckte Parteienfinanzierung der FPÖ am Anfang stehen, sind die seit Jahren laufenden Ermittlungen um die ÖVP offenbar in der Schlussphase. Ein Vorhabensbericht ist laut Staatsanwaltschaft Wien in Vorbereitung. Wie "Addendum" berichtet, untermauert ein Gutachten Zahlungen von einer Millionen Euro.

Dass über die Agentur Mediaselect verdeckte Parteispenden von staats- und parteinahen Firmen in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro an die ÖVP geflossen sein sollen, ist bekannt. Außerdem soll die ÖVP bei Aufträgen mitgeschnitten haben, die von ÖVP-geführten Ministerien an Mediaselect vergeben wurden - und zwar durch "Gutschriften", die auf ein eigenes Konto der Partei bei der Agentur geflossen sind. Somit hätte die ÖVP davon profitiert, wenn schwarze Ministerien über die Mediaselect Inserate schalteten.

Bis zu sechs Wahlkampagnen finanziert

In einem Gutachten des Sachverständigen Matthias Kopetzky ist laut "Addendum" nun von Zahlungen im Ausmaß von einer Million Euro am die Agentur die Rede. Demnach sollen unter anderem 251.467,40 Euro von der RLB Oberösterreich gekommen sein, 250.800 Euro von der Telekom Austria und 218.632,84 Euro von den Casinos Austria bzw. den Lotterien.

Finanziert worden sein sollen damit bis zu sechs Wahlkampagnen auf Bundes- und Landesebene in den Jahren 2002 bis 2010. Aber auch Werbekosten für die "Superpraktikant"-Aktion des früheren ÖVP-Chefs Josef Pröll und Inserate einer anonymen "Plattform Versprochen Gebrochen" gegen SP-Kanzler Alfred Gusenbauer wurden demnach über die Mediaselect abgewickelt. Bei letzteren hatte die ÖVP im Jahr 2007 offiziell jede Involvierung dementiert.

Vorwürfe betreffen "Vorgänger" der neuen Volkspartei

Die ÖVP betont, dass die Vorwürfe bis zu 19 Jahre zurückliegen und daher "nicht die Vertreter der neuen Volkspartei, sondern die Vorgänger betreffen". Außerdem habe auch die damalige ÖVP kein strafbares Handeln nachvollzogen und der Vorwurf der Wahlkampffinanzierung durch Spenden sei in dieser Form nicht nachvollziehbar.

Ermittelt wird dem Bericht zufolge gegen zwei frühere Geschäftsführer der Mediaselect und den Organisator eines Personenkomitees für den früheren ÖVP-Chef Wilhelm Molterer im Wahlkampf 2008.

Wie die Staatsanwaltschaft Wien am Mittwoch bestätigte, ist ein Vorhabensbericht in Vorbereitung. Der Inhalt - also ob etwa eine Anklage oder eine Einstellung des Verfahrens angedacht wird - ist aber nicht bekannt. Das Verfahren gegen den früheren ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka war 2017 wegen Verjährung eingestellt worden. Die ÖVP hat eine Rückzahlung der Gelder in mehreren Raten bis 2024 vereinbart.

>>> Bericht von „Addendum“ 

(APA)

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