Millionen-Spenden: Sebastian Kurz kontert Vorwürfen

Clemens Fabry
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"Es gibt immer nur Aufregung, wenn die Volkspartei unterstützt wird“, sagt der ÖVP-Chef. Er schließt eine Koalition mit der FPÖ nicht aus.

ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat die Kritik im Zusammenhang mit Großspenden an die ÖVP zurückgewiesen. "Es gibt immer nur Aufregung, wenn die Volkspartei unterstützt wird", sagte Kurz am Sonntag in der Ö3-Interviewreihe "Frühstück bei mir".

Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe im Wahlkampf rund drei Millionen Euro an Spenden lukriert, ohne dass es den Vorwurf der Käuflichkeit gegeben habe. Auch die Neos hätten vom Industriellen Hans Peter Haselsteiner über zwei Millionen Euro an Spenden bekommen, so Kurz: "Niemals gab es hier einen Vorwurf oder eine Diskussion darüber". Die ÖVP melde alle Spenden, die sie erhält ordnungsgemäß dem Rechnungshof, "so wie das gesetzlich vorgesehen ist".

Am Freitag war bekannt geworden, dass die ÖVP im Wahljahr 2017 drei Millionen Euro Spenden eingenommen hatte - mehr als bisher bekannt. Größter Einzelspender war Porr-Großaktionär Klaus Ortner, der seine Spenden auf mehrere Tranchen verteilt hatte, womit die sofortige Veröffentlichung der Großspende auf der Rechnungshof-Homepage umgangen worden war.

Mikl-Leitner: Spendendebatte schade Image der Politik

Rückendeckung bekam Kurz am Sonntag von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Sie hat in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag Spenden an Parteien grundsätzlich verteidigt, betonte aber, dass die niederösterreichische Volkspartei über keine Großspender verfüge. Spenden seien "per se nichts Unanständiges". Die aktuelle Debatte schade dem "Image der Politik" und lasse den Eindruck entstehen, "als ob die gesamte Politik korrupt wäre".

Daher sollte man darüber reden, wie man ein besseres Regulativ schaffen könne. Sie sei "froh", dass verschiedene Vorschläge auf dem Tisch liegen. Diese müssten jetzt von den Parteien auf Bundesebene diskutiert werden. Es seien alle "angehalten", sich an einen Tisch zu setzten. Wenn das "Ibiza-Video" etwas Gutes gehabt habe, dann die Debatte in Gang gebracht zu haben.

Kurz rät Strache von Polit-Comeback ab

Auch im Ö3-Interview war das „Ibiza-Video“ Thema: Er habe sich oft die Frage gestellt, "hätte ich all das wissen müssen?", sei aber zum Schluss gekommen, dass er diese Dinge nicht wissen konnte, sagte Kurz. Das Video selbst habe ihn und sein Team "erschlagen". Es sei ein "Schock" gewesen und habe sich "unwirklich angefühlt". Er sei "enttäuscht" gewesen, da dadurch die ganze Regierungszusammenarbeit zerstört worden sei. Betroffen mache ihn auch, dass derzeit "dubiose Verschwörungstheorien" kursierten. "Manche gehen sogar so weit, dass sie E-Mails fälschen", meinte Kurz in Bezug auf E-Mails, die vor Kurzem bekannt geworden waren und ihm unterstellten, vom "Ibiza-Video" schon länger gewusst zu haben.

Das Gespräch mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach Bekanntwerden des "Ibiza-Videos" sei "emotional" gewesen, berichtet der ÖVP-Chef: "Die ganze Situation war eine höchst schwierige." Seitdem habe er einmal mit Strache telefoniert. Dem ehemaligen FPÖ-Chef würde er nicht raten, in die Politik zurückzukehren, so Kurz: "Das ist aber nicht meine Entscheidung."

Angesprochen auf die Möglichkeit einer Koalition mit den Freiheitlichen nach der Wahl, meinte Kurz, dass er im Moment das Gefühl habe, dass bei Teilen der FPÖ "nicht die richtigen Lehren gezogen wurden". "Schauen wir, welcher Teil sich in der FPÖ durchsetzt." Den oftmals geäußerten Vorwurf, er habe die FPÖ "salonfähig" gemacht, wies er vehement zurück. Den Begriff "salonfähig" halte er zudem für "dekadent", denn jede gewählte Partei sei demokratisch legitimiert.

Kurz ortet „Rachegelüste“ der SPÖ

Der Misstrauensantrag gegen die Bundesregierung habe ihn nicht überrascht, so Kurz: "Das war etwas, was ich schon Tage vorher kommen gesehen habe." Überrascht habe ihn jedoch, dass die SPÖ dazu übergegangen ist, die ganze Regierung abzuwählen. Denn darunter seien auch parteilose Experten gewesen, die dem Land dienen wollten. Als Motiv dahinter ortete er "Rachegelüste und parteipolitische Motive". Dass er als erster durch ein Misstrauensvotum abgewählter Bundeskanzler in die Geschichtsbücher eingehen werde, kränke ihn nicht: "Die Geschichtsbücher sind noch nicht geschrieben", so Kurz.

Die Entscheidung, Neuwahlen auszurufen, verteidigte er abermals. Auch sei er bereit gestanden, weiter zu arbeiten. Er habe aber zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich andere Mehrheiten gebildet haben. Mit einzelnen Vertretern der Sozialdemokratie habe er eine "gute Gesprächsbasis", etwa mit dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, den er immer wieder getroffen habe. Manche Gespräche liefen "hinter den Kulissen deutlich freundlicher ab".

(APA/red.)

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