Kurz verteidigt Spendenpraxis

Die Presse
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Es gebe immer nur Aufregung, wenn es um die Volkspartei ginge, sagt der Ex-Kanzler. Neue Vorwürfe gibt es indes aus Tirol: Dort sollen Firmen mit Landesbeteiligung gespendet haben.

Wien/Innsbruck. „Es gibt immer nur Aufregung, wenn die Volkspartei unterstützt wird“, sagte Sebastian Kurz am Sonntag in der Ö3-Interviewreihe „Frühstück bei mir“. Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe im Wahlkampf rund drei Millionen Euro an Spenden lukriert, ohne dass es den Vorwurf der Käuflichkeit gegeben habe. Auch die Neos hätten vom Industriellen Hans Peter Haselsteiner über zwei Millionen Euro an Spenden bekommen. „Niemals gab's hier einen Vorwurf oder eine Diskussion darüber.“

Die ÖVP melde alle Spenden, die sie erhält, ordnungsgemäß dem Rechnungshof, „so wie das gesetzlich vorgesehen ist“. Zuletzt hat eine Spende des Industriellen Klaus Ortner für Aufregung gesorgt, die gestückelt worden ist. Damit musste sie nicht dem Rechnungshof gemeldet werden.

In Zusammenhang mit der Spendendebatte fordern nun auch die Tiroler Neos und die FPÖ Aufklärung in ihrem Bundesland. Die Neos stoßen sich vor allem an Spenden von Unternehmen, an denen offenbar Landestöchter wie die Tiwag und die Hypo Tirol beteiligt sind. Die FPÖ verlangt eine Offenlegung, welche ÖVP-Großspender Aufträge des Landes und landeseigener Unternehmen bekommen haben.

Die „Tiroler Tageszeitung“ hat berichtet, dass neben bekannten Großspenden an die Volkspartei wie jenen der IGO-Gruppe des Tirolers Klaus Ortner auch geringere Beträge direkt an ÖVP-Abgeordnete oder damalige ÖVP-Nationalratskandidaten geflossen sind. Dies gehe aus der von der ÖVP veröffentlichten Spenderliste hervor. Unter anderem sollen die Zeller Bergbahnen Zillertal, an denen etwa der landeseigene Energieversorger Tiwag beteiligt ist, 25.000 Euro gespendet haben. 8400 Euro hat laut der Liste wiederum die Rathaus Passage GmbH in Innsbruck lockergemacht, an der die Hypo Tirol und die Stadt Innsbruck Anteile halten.

Niederösterreichs Landeshauptfrau, Johanna Mikl-Leitner, (ÖVP) verteidigte in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag Spenden an Parteien grundsätzlich. Diese seien „per se nichts Unanständiges“. Die aktuelle Debatte schade dem „Image der Politik“ und lasse den Eindruck entstehen, „als ob die gesamte Politik korrupt wäre“. Es brauche daher Transparenz und Offenheit, denn diese seien die besten Voraussetzungen für Vertrauen. Die niederösterreichische Volkspartei verfüge jedenfalls über keine Großspender, so Mikl-Leitner. Auch könne sie Umgehungen der gesetzlichen Vorgaben ausschließen. Ihre Landespartei lege alles offen und halte alle Regulative ein.

Kurz: Ibiza-Video ein „Schock“

Im Ö3-Interview ging Kurz auch auf das Ibiza-Video und die Folgen ein. Er habe sich oft die Frage gestellt: „Hätte ich all das wissen müssen?“ Er sei aber zum Schluss gekommen, dass er diese Dinge nicht wissen konnte. Das Video selbst habe ihn und sein Team „erschlagen“. Es sei ein „Schock“ gewesen und habe sich „unwirklich angefühlt“. Er sei enttäuscht gewesen, da dadurch die Regierungszusammenarbeit zerstört worden sei. Betroffen mache ihn auch, dass derzeit „dubiose Verschwörungstheorien“ kursierten. „Manche gehen sogar so weit, dass sie E-Mails fälschen“, meinte Kurz in Bezug auf jene E-Mails, die vor Kurzem bekannt geworden waren und ihm unterstellten, vom Ibiza-Video schon länger gewusst zu haben.

Das Gespräch mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos sei emotional gewesen. „Die ganze Situation war eine höchst schwierige.“ Seitdem habe er einmal mit Strache telefoniert. Dem ehemaligen FPÖ-Chef würde er nicht raten, in die Politik zurückzukehren, so Kurz: „Das ist aber nicht meine Entscheidung.“

Indes meldete die ÖVP am Sonntag, dass Kurz auf seinem Instagram-Profil die Marke von 100.000 Abonnenten überschritten habe. Auf Facebook zähle er mittlerweile mehr als 800.000 Follower. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2019)

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