Partei-Chefin Rendi-Wagner attackiert auf dem Bundesparteirat vor allem Türkis-blau: "Die einen lassen sich filmen, die anderen bezahlen.“ Wiens Bürgermeister Ludwig nennt die FPÖ „Rechtsextreme“.
Scharfe Angriffe vor allem gegen die FPÖ und die ÖVP stand im Zentrum des Bundesparteirats der SPÖ, der am Samstag im Wiener Museumsquartier sowohl die Bundesliste als auch das Programm für die Nationalratswahl bestimmt. Die SPÖ hat ihr Team für die Nationalratswahl fixiert. Dabei wurde die Bundesliste mit Parteichefin Pamela Rendi-Wagner auf Platz eins abgesegnet. Die Spitzenkandidatin erhielt 95,6 Prozent der Stimmen.
Wie böse die türkis-blaue Regierung war und was für eine gute Richtung das Land unter "der ersten gewählten Bundeskanzlerin" Pamela Rendi-Wagner nehmen wird, war das Leitmotiv der Rede der SPÖ-Vorsitzenden am Bundesparteirat der Sozialdemokraten. Versprochen wurden etwa die Wiederbelebung der Aktion 20.000, Tausende Lehrer mehr sowie eine Pensionsgarantie.
"Ja, ich liebe die Menschen", eröffnete Rendi-Wagner ihre Rede und meinte, dass sie damit eigentlich auch schon aufhören könnte - tat es dann aber nicht und widmete sich mehr dem Motto des Parteirats: "Mut für Österreich. Gut für Österreich". Denn Mut und Verantwortung hätten die SPÖ immer stark gemacht und unterschieden sie von der "Ibiza-Koalition"
Überhaupt ging die SPÖ-Chefin mit den früheren Regierungspartnern eher hart ins Gericht: "Die einen lassen sich filmen, die anderen bezahlen", spielte sie auf die Spenden-Debatte an. Überhaupt habe die Koalition 17 Monate ein verantwortungsloses Schauspiel abgeliefert: "Diese Regierungskoalition ist kläglich gescheitert."
Sichere Pensionen, Arbeitsbedingungen, Mieten
Was die SPÖ besser machen will, skizzierte Rendi-Wagner zumindest. So will die Sozialdemokraten-Chefin Eingriffe in Pensionsgutschriften unmöglich machen, modernere Arbeitsbedingungen und mehr Plätze für Ärzte und die Aktion 20.000 wieder einführen. Denn mit deren Sistierung sei 20.000 Menschen die Chance auf ein würdevolles Leben gestohlen worden. In der Wohnpolitik wollen die Roten etwa die Steuern auf Mieten abschaffen. Schulen dürften keine reinen Aufbewahrungsstätten werden, daher brauche es 5.000 Lehrer mehr, forderte Rendi-Wagner.
Der Klimakrise will die SPÖ-Vorsitzende mit einem Klimaticket begegnen. Nicht mehr als drei Euro pro Tag sollte man für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in Österreich ausgeben müssen, will die SPÖ - das wären knapp 1.100 Euro. Die aktuelle Österreich-Card der ÖBB schlägt mit knapp 1.900 Euro zu Buche. Dazu kommen noch Kosten der regionalen Verkehrsanbieter - also beispielsweise in Wien die Jahreskarte um 365 Euro. Damit wäre zumindest eine Halbierung der Kosten für Nutzer möglich.
SPÖ setzt auf Klimaticket
Zu bestellen wäre das Klimaticket nach SPÖ-Angaben z.B. über den neu zu schaffenden Klimafonds, der die Einnahmen und die Förderung dann an die ÖBB, die privaten Unternehmen und die sieben bestehenden Verkehrsverbünde weitergibt.
Ohnehin brauche es einen Systemwandel in diesem Bereich. Unterstützung kam von Julia Herr, die mit ihrer Sozialistischen Jugend auf der Bühne mit Transparent für die Ausrufung des "Klimanotstands" warb. Was die Zuwanderungspolitik angeht, versuchte Rendi-Wagner einen Spagat. Einerseits warf sie den Altkoalitionären vor zu hetzen, andererseits hielt sie Türkis-Blau aber auch vor, nichts zum europäischen Außengrenzschutz getan zu haben.
Das Auditorium, dem rund 250 stimmberechtigte Delegierte angehörten, nahm die Rede freundlich auf. Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek gab sich gar enthusiasmiert ob des Vortrags der Vorsitzenden, die sich wohltuend von einer "Kunstfigur" bzw. einem "Eiskasten" - gemeint jeweils VP-Chef Sebastian Kurz - unterscheide.
Ludwig heizte ein
Vor Rendi-Wagner stand Wiens Bürgermeister Michael Ludwig am Rednerpult. Und er hatte vor allem die FPÖ im Visier: "Das sind nicht Rechtspopulisten, das sind Rechtsextreme."
Wohin solch eine hetzerische Politik führe, sehe man, wenn die Menschen dann aus dem Fenster schießen, spielte er auf einen einschlägigen Vorfall mit einem FPÖ-Funktionär in Salzburg an. Ludwig machte in dem Kontext darauf aufmerksam, dass die ÖVP die Koalition nicht wegen Grenzüberschreitungen der Freiheitlichen beendet habe sondern aus rein machtpolitischen Gründen, weil man sich auch noch das Innenministerium habe holen wollte.
Belustigt äußerte sich der Stadtchef zu Einschätzungen von VP-Chef Sebastian Kurz, wonach in Zeiten der SP-geführten Regierungen immer Stillstand geherrscht habe: "Der meiste Stillstand ist, wenn man alle 17 Monate eine Nationalratswahl vom Zaun bricht." Vor allem sozialpolitisch geißelte Ludwig die Politik von Türkis-Blau, etwa die Abschaffung der Aktion 20.000 für ältere Arbeitslose, die nach Bürgermeister-Geschmack nach der Wahl wieder kommen soll.
Den Umbau der Sozialversicherung griff der Stadtchef besonders stark an - Hauptziel sei gewesen, Gewerkschaften rauszubekommen. Bei SP-Regierungsverantwortung soll dies wieder umgekehrt werden. Gestreift wurden von Ludwig auch - dem inhaltlichen Zeitgeist entsprechend - Klimamaßnahmen sowie die Wohnpolitik, wo der ehemalige Wohnbaustadtrat die Bundeshauptstadt als Vorbild vorstellte.
Bundesliste gilt als fix
Gewählt wird beim Parteirat erst zu Mittag. Eine hohe Zustimmung zur Bundesliste gilt als wahrscheinlich. An deren Spitze stehen Parteichefin Rendi-Wagner und der Chef der roten Gewerkschafter Rainer Wimmer. Ebenfalls fix im Nationalrat sein sollten die Zweite Präsidentin Doris Bures, Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda, Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek, der stellvertretende Klubvorsitzende Jörg Leichtfried und als Neuling die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Julia Herr.
Für einen Ferientermin war der Bundesparteirat durchaus gut besucht, auch auffällig viele ehemalige Spitzen der Sozialdemokraten von Lore Hostasch über Rudolf Edlinger, Rudolf Streicher bis hin zu Helga Konrad wollten sich den Event nicht entgehen lassen.
(APA)