Razzien wegen Postenschachers

Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus (hier im Oktober 2015 im Wiener Rathaus) haben nun auch wegen einer Postenbesetzung Erklärungsbedarf.
Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus (hier im Oktober 2015 im Wiener Rathaus) haben nun auch wegen einer Postenbesetzung Erklärungsbedarf. (c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Ein FPÖler wurde mithilfe der Novomatic in den Vorstand der Casinos Austria gehievt. Die Justiz geht der Frage nach, ob es im Hintergrund Absprachen für die Gefälligkeit gab.

Wien. Politische Postenbesetzungen in staatsnahen Unternehmen – die sind in Österreich gang und gäbe. Dass ein Postenschacher allerdings auch zu Hausdurchsuchungen führt – das ist sogar in Österreich ein Novum. Und genau das hat sich nun ereignet: Wegen der im März erfolgten Bestellung des FPÖlers Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria ist es am Montagmorgen zu einer Razzia in Sidlos Wohnung gekommen, wie „Der Standard“ berichtet. Als Sidlo den Ermittlern erklärte, dass er keine beruflichen Unterlagen daheim habe, suchten sie sein Büro im Glücksspielkonzern auf.

Gleichzeitig kam es auch zu Hausdurchsuchungen beim ehemaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, bei Ex-Klubobmann Johann Gudenus und im Büro von Novomatic-Chef Harald Neumann. Inoffiziellen Auskünften zufolge nahmen die Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bei allen Durchsuchungen „technische Dinge“ mit, also Laptops und Mobiltelefone. Im Mittelpunkt des Interesses stehen also Korrespondenzen der Betroffenen, für die selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt.

Seltsame Ereignisse

Die Ermittler stützen sich dabei auf eine anonyme Anzeige, die die seltsamen Umstände von Sidlos Bestellung anprangert. „Die Presse“ berichtete ausführlich darüber, zuletzt Anfang Juni: Peter Sidlo, einst FPÖ-Bezirksrat und Chef der Investmentgesellschaft Sigma, sollte unter Türkis-Blau nicht nur in den Generalrat der Notenbank, sondern danach noch in den Casinos-Vorstand gehievt werden. So weit, so (für österreichische Verhältnisse) gewöhnlich: Die Chefin des Konzerns, Bettina Glatz-Kremsner, wird der ÖVP zugerechnet, ein weiteres Vorstandsmitglied ist Vertreter des tschechischen Großaktionärs Sazka. Vorstandssessel Nummer drei sollte also an die FPÖ gehen.

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Dennoch ist die Sache einigermaßen ungewöhnlich abgelaufen: Die Bestellung Sidlos war nämlich – im Gegensatz zu jener seiner beiden Kollegen – höchst umstritten. Sogar der eingeschaltete Personalberater Egon Zehnder äußerte Bedenken. Die Bestellung erfolgte trotzdem, im Aufsichtsrat waren die Vertreter der Republik (die 33 Prozent an den Casinos hält) dafür. Ebenso die Novomatic, die rund 17 Prozent hält. Die Tschechen enthielten sich der Stimme.

Die tatkräftige Unterstützung des umstrittenen FPÖlers auch durch die Novomatic – das interessiert jetzt die Ermittler: Dass die Vertreter der Republik für Peter Sidlo votierten – das kann noch mit Koalitionsräson argumentiert werden. Was aber hatte die Novomatic davon?

Dort wurde stets damit argumentiert, dass man mit der Vorstandsbestellung bloß die (österreichischen) Interessen der Casinos Austria wahren wollte – damit dem Vorstand der Tschechen zwei österreichische Kollegen gegenübersitzen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft verfolgt freilich eine andere Theorie. Nämlich jene, wonach es der Novomatic bloß darum gegangen sei, der FPÖ entgegenzukommen. Immerhin war FPÖ-Staatssekretär Hubert Fuchs im Finanzministerium für das Glücksspiel und also auch die Lizenzvergabe zuständig. Und immerhin hatte Strache im Ibiza-Video freimütig von der (später dementierten) finanziellen Unterstützung seiner Partei durch Novomatic erzählt. Die Staatsanwaltschaft untersucht also, ob eine „parteiische Vergabe von Glücksspiellizenzen vereinbart wurde“. Novomatic-Chef Harald Neumann dementierte freilich bereits im Juni gegenüber der „Presse“ wütend: „Es gab keinerlei politische Vereinbarungen oder Absprachen.“

Beurlaubung von Peter Sidlo?

Auch gestern sagte ein Novomatic-Sprecher: „Die Vorwürfe sind haltlos. Aber wir kooperieren natürlich mit den Behörden.“ Die Casinos Austria wiederum quälen andere Sorgen: Der Konzern fürchtet um seinen Ruf, ein Sprecher betonte ausdrücklich, dass das Unternehmen selbst keinesfalls Gegenstand der Ermittlungen sei.

Jetzt warten im Konzern alle gebannt auf die Reaktion von Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner. Wird er Peter Sidlo zumindest beurlauben, bis der Sachverhalt geklärt ist? Wird Novomatic-Chef Neumann im Aufsichtsrat bleiben?

Fragen über Fragen. Rothensteiner zog es gestern vor, keine Stellungnahme abzugeben. Heinz-Christian Strache reagierte per Aussendung: „Der Vorwurf entbehrt jeder Grundlage und ist daher lediglich ein weiterer politischer Angriff auf meine Person.“ Es werde fortgesetzt versucht, „mich zu diskreditieren und mundtot zu machen", so der ehemalige blaue Vizekanzler. Den Behörden sagte Strache Kooperation zu.

Und auch Ex-Staatssekretär Fuchs meldete sich per Aussendung zu Wort und bestreitet die Vorwürfe. Die medial kolportierten Verwicklungen in die Causa würden in keiner wie immer gearteten Weise den Tatsachen entsprechen. "Er, Fuchs, habe an der Glücksspielmesse im Februar in London als damals zuständiger Staatssekretär zwar teilgenommen, eine etwaige Vergabe von Lizenzen sei in den dort geführten Gesprächen jedoch niemals Thema gewesen. Entsprechende Behauptungen werde er umgehend klagen", erklärte der FPÖ-Parlamentsklub via Aussendung.

Eigentümer

Die Casinos Austria ist teilstaatlich, 33 Prozent gehören der Republik. Mehrheitseigentümer ist die tschechische Sazka-Gruppe, die gut 38 Prozent hält. Dem Glücksspielkonzern Novomatic gehören 17 Prozent. Die restlichen Anteile halten diverse Kleinaktionäre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2019)

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