Sebastian Kurz entscheidet sich für Grün - beim Twinni

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Nach etwas seichtem Beginn wurde es sachpolitisch durchaus tiefgründig in der Puls24-"Wahlarena“ mit Sebastian Kurz. Wir wissen nun, wie der ÖVP-Chef die Wohnungspreise drücken will. Und warum er keine „Ich-liebe-Jesus-Leiberln“ im Gerichtssaal duldet.

Zweimal Auftakt am Sonntagabend: Die Mediengruppe ProSiebenSat1-Puls4 hob ihren neuen Sender aus der Taufe, nämlich Puls24, und begrüßte Alt-Kanzler Sebastian Kurz, der damit seinen Intensivwahlkampf – also jenen in den herkömmlichen Medien – startete.

In der „Wahlarena“ – Kurz an einem Stehtisch mit Moderatorin Corinna Milborn, vor einem Publikumshalbkreis, darüber und davor viel Violett und Neonlicht – war der ÖVP-Chef angetreten, um sich den Publikumsfragen zu stellen. Aber noch ehe die erste ausformuliert war, kam Kurz schon auf das Ibiza-Video zu sprechen und brachte jene Erzählung unter, die in den kommenden vier Wochen bis zur Wahl noch des Öfteren zu hören sein wird: Alle gegen uns, wie man bei der Abwahl seiner Regierung gesehen habe.

Zum Aufwärmen bekam Kurz dann einige Fragen zu hören, die der Redaktion zugespielt worden waren. Und die eher noch nichts mit Sachpolitik zu tun hatten. Ob er sich beim Twinni für die grüne oder die orangefarbene Seite entscheiden würde? Wahrscheinlich für die grüne, antwortete Kurz. Als Koalitionspräferenz wollte er das wohl nicht verstanden wissen. Rosinen mag der Ex-Kanzler übrigens schon, nur nicht im Striezel.

Lieblingsfeindin Stadt Wien

Aber keine Sorge, es wurde dann eh politischer. Was er gegen den drohenden Ärztemangel zu tun gedenke, nachdem 40- bis 50 Prozent der Kassenärzte demnächst in Pension gingen, fragte ein Landarzt. Erstens will Kurz die Ausbildungsplätze verdoppeln, zweitens den Beruf des praktischen Arztes aufwerten und drittens Landarztstipendien einführen. Sprich: Medizinstudenten, die sich verpflichten, dereinst in Österreich zu praktizieren, werden vom Staat gefördert.

Beim Wohnungsthema griff der Ex-Kanzler die Stadt Wien an, die Lieblingsfeindin der ÖVP. Das Wohnen könne nur dann billiger werden, wenn „schnell mehr“ gebaut werde. Vor allem in Wien, wo in den vergangenen Jahren 75.000 Wohnungen nachgefragt gewesen wären, „in derselben Zeit aber nur halb so viele gebaut wurden“. Außerdem müsse der soziale Wohnbau treffsicherer werden, immerhin hätten derzeit auch viele „Gutverdienende“ eine Gemeindebauwohnung. Darunter auch Politiker, so Kurz. Zum Beispiel jener Mann, der am Sonntagabend nach ihm in die „Wahlarena“ komme. Gemeint war Listengründer Peter Pilz.

Wenig später beschwerte sich eine junge Frau mit Kopftuch, die Lehrerin werden möchte, über das von der ÖVP geforderte Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen: „Warum verbauen Sie uns die Zukunft?“ Ein Staat habe die Aufgabe, zu definieren, was erlaubt sei und was nicht – unabhängig von der Religionsfreiheit, die in Österreich höher gehalten werde als in den meisten anderen Staaten der Welt, meinte Kurz. Aber wie er auch keinen Richter im „Ich-liebe-Jesus-Leiberl“ wolle, sollten auch Lehrer religionsneutral auftreten.

„Was Sie da machen, ist höchst manipulativ"

So ging es dann weiter, mit durchaus harten Fragen, etwa zur Schredder-Affäre und zu den erst vor Kurzem veröffentlichten Parteispenden an die ÖVP. Wenn es eng wurde für Kurz, brachte er den Mitbewerber ins Spiel: Die SPÖ sei bei den Spenden noch später dran gewesen. Oder er ging in den Gegenangriff über: „Was Sie da machen, ist höchst manipulativ, Frau Milborn. Sie sagen, Sie wollen eine Frage zum Schreddern stellen und reden dann über Ibiza.“ Aber da gebe es keinen Zusammenhang, versicherte Kurz.

An die Twinni-Frage dachte da schon längst keiner mehr. Es war dann, summa summarum, durchaus gehaltvoll. Und gar nicht schlecht für einen Auftakt. Da wie dort.

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