Steuerreform fast zur Hälfte gegenfinanziert

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SONDERSITZUNG DES NATIONALRATS: DROZDA/HAFENECKER/NEHAMMERAPA/ROBERT JAEGER
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Nationalrat. Die höhere Tabaksteuer und eine Umsatzsteuer auf Onlineversand bringen dem Staat neue Einnahmen.

Wien. Die Koalition von ÖVP und FPÖ ist zwar Geschichte, im Parlament wollten die beiden Parteien aber dennoch gemeinsame Sache machen: Am Donnerstag stand eine Abstimmung über Teile ihrer geplanten Steuerreform auf der Tagesordnung der Nationalratssitzung. Und entgegen der politischen Ankündigung ist die Reform fast zur Hälfte durch zusätzliche Steuern gegenfinanziert. Das zeigen Berechnungen des Budgetdienstes im Parlament.

Gemeinsam mit der Pensionserhöhung sollten am Donnerstagabend damit zwei vergleichsweise teure Beschlüsse im Parlament behandelt werden: In Summe kosten sie (abzüglich der Gegenfinanzierung bei der Steuerreform) im Jahr 2021 rund 1,8 Milliarden Euro. Noch nicht eingerechnet sind hier die geplanten höheren Zuschüsse an die Bundesländer für die Abschaffung des Pflegeregress und über elf Milliarden Euro „Vorbelastungen“ für Zuschüsse zum ÖBB-Personenverkehr von 2020 bis 2034.

Für die Pensionserhöhung, gegen die sich nur die Neos ausgesprochen haben, rechnet der Budgetdienst mit Kosten von 1,2 Milliarden Euro. Der Großteil davon – fast 890 Millionen Euro – wäre durch die Inflationsanpassung aber ohnehin angefallen. Als Wahlzuckerl kann allenfalls die doppelte Inflationsanpassung für niedrigere Pensionen gewertet werden, die rund 350 Millionen Euro kostet.

Die Steuerreform, deren Kosten erst 2021 voll schlagend werden, bringt eine Entlastung von rund einer Milliarden Euro. Der Großteil entfällt auf höhere Negativsteuern (wie bei der Sozialversicherungs-Rückerstattung) für Geringverdiener, die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmer und Bauern sowie die Möglichkeit, geringwertige Wirtschaftsgüter bis 800 (statt bisher 400) Euro sofort abzuschreiben.

Tabaksteuer wird erhöht

Dem gegenüber stehen zusätzliche Einnahmen von 414 Millionen Euro zur Gegenfinanzierung der Steuerreform. Während die türkis-blaue Regierung gerne behauptet hat, bei ihrer Reform ohne neue Schulden und zusätzliche Steuern auskommen, erreicht die Summe der Gegenfinanzierung fast die Hälfte des Entlastungsvolumens. Allein 150 Millionen Euro sollen durch eine Verschärfung der Umsatzsteuer-Regeln für den Online-Versandhandel hereinkommen: Derzeit fällt bis zu einem Wert von 22 Euro pro Lieferung keine Mehrwertsteuer an. Diese Freigrenze wird nun gestrichen. Außerdem wird die Tabaksteuer ab 2020 jährlich angehoben, was dem Finanzminister steigende Einnahmen bringt: 26 Mio. Euro sollen es 2020 sein, bereits 120 Mio. Euro. Die Online-Werbeabgabe soll pro Jahr 30 Millionen Euro bringen.

Außerdem zeigt eine für den Jetzt-Abgeordneten Bruno Rossmann durchgeführte Verteilungsrechnung, dass Pensionisten, Selbstständige und Bauern stärker von der Steuerreform profitieren als Arbeitnehmer.
Einig waren sich alle Parteien am Donnerstag nur bei einem Punkt: Nachfahren von Opfern des Nationalsozialismus soll die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft eingeräumt werden.

Auf rot-blaue Initiative kam es außerdem zu einem indirekten Comeback der Aktion 20.000. Das rote Prestigeprojekt kommt zwar nicht in der ursprünglichen Form zurück, Langezeitarbeitslose über 50 werden aber wieder verstärkt gefördert. Nur die Neos stimmten dagegen. Ein weiterer Beschluss wurde bei Blutspenden gefasst. Diese werden bei mobilen Einrichtungen künftig auch ohne Anwesenheit eines Arztes möglich sein.

ÖVP-Hack: Jabloner bestätigt Angriff

In der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Liste Jetzt zum ÖVP-Datenklau haben sich SPÖ, FPÖ und Jetzt gegen die ÖVP gestellt. Sie bezweifeln einen Angriff von außen. Justizminister Clemens Jabloner sorgte jedoch für Aufsehen: Er sagte, dass die Ermittlungen den Verdacht des Hackerangriffs bestätigten. Ein Unbekannter soll sich in Wien Zugriff zu ÖVP-Daten verschafft haben, mindestens ein Passwort geändert und eine große Menge an Daten abgesaugt haben. Im Moment gebe es Ermittlungen gegen unbekannt wegen des Verdachts des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem.

(APA/red.)

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