Gestaffelte Gehaltserhöhung als Kompromiss: Plus 2,68 Prozent für Bezieher hoher Einkommen bis 3,36 Prozent für jene mit einem niedrigen. Darauf haben sich Regierung und Gewerkschaft am Sonntagabend geeinigt.
Wien. Am Sonntag schalteten sich auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) sowie Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) in die Verhandlungen um die Erhöhung der Beamtengehälter im kommenden Jahr ein.
Als Kompromissangebot brachte die Regierung einen Vorschlag von Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) für eine gestaffelte Anhebung der Beamtengehälter ein. Zuletzt hatte Heinisch-Hosek als „letztes Angebot" eine Anhebung um 2,5 Prozent auf den Tisch gelegt.
Nun sind es mehr. Nach fünf Stunden - inklusive einer einstündigen Unterbrechung, um die neuen Zahlen durchzurechnen -, hatten sich Regierung und Gewerkschaft öffentlicher Dienst so weit angenähert, dass es letztlich doch noch zu einem Abschluss kam.
Es wird für die Beamten eine gestaffelte Gehaltserhöhung geben: Von einem Plus von 2,68 Prozent für Bezieher hoher Einkommen bis zu 3,36 Prozent für Bezieher mittlerer und niedriger Einkommen. Im Schnitt ist das genau die für ein Monatsgehalt von rund 3000 Euro brutto berechnete Inflationsabgeltung - 2,95 Prozent. Die höheren Gehälter werden also unter der Inflationsrate erhöht, die niedrigeren über der Inflationsrate.
Erhöhung erst ab 1. Februar 2012
Die Mehrkosten dafür machen rund 277 Millionen Euro aus. Allerdings: Die Gehaltserhöhung gilt erst ab dem 1. Februar 2012, nicht ab 1. Jänner. Dadurch erspart sich die Republik einmalig 28 Millionen Euro.
Und noch ein Zugeständnis musste die Gewerkschaft machen: Wie von Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek in der „Presse am Sonntag" bereits angekündigt, wird für Frühpensionisten die „Jubiläumszulage" nach 35 Dienstjahren (vier Monatsgehälter) ab 2012 gestrichen. Das bringt dem Staat pro Jahr rund 30 Millionen Euro.
Die Gehaltsrunde betrifft insgesamt rund 350.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst, neben knapp 133.000 Beamten und Vertragsbediensteten im Bundesdienst sind indirekt auch die Beschäftigten in den Ländern und Gemeinden betroffen. Neben der Gewerkschaft öffentlicher Dienst mit ihrem Vorsitzenden Fritz Neugebauer saßen daher auch die Gewerkschafter der Gemeindebediensteten mit ihrem Chef Christian Meidlinger am Verhandlungstisch.
Neugebauer hatte zuvor auf eine Gehaltserhöhung um 3,9 Prozent gepocht. In der Schublade lag bereits ein Beschluss für mögliche Kampfmaßnahmen bei einem Scheitern der Gespräche. Die Regierung stand ebenfalls unter Druck, weil sie angesichts der Schuldenproblematik einen möglichst niedrigen Abschluss anstrebte. Experten wie der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, empfahlen sogar eine Nulllohnrunde.
Die Verhandler standen zudem unter Zeitdruck. Denn am Mittwoch dieser Woche steht die letzte Nationalratssitzung in diesem Jahr auf der Tagesordnung des Nationalrats. Und in dieser wird der Sonntag gefundene Kompromiss nun auch im Rahmen einer Dienstrechtsnovelle beschlossen.
Nach dem Ende der Verhandlungen waren Sonntagabend alle Beteiligten zufrieden. Es sei ein gutes Zeichen, dass sich beide Seiten bewegt haben, sagte Kanzler Werner Faymann. Vizekanzler Spindelegger hob das „konstruktive Klima" hervor. Heinisch-Hosek sprach von einem „respektablen Abschluss". Und Neugebauer „angesichts der Ausgangslage" von einem Erfolg der Sozialpartner.
Proteste in Linz und Graz
Unbeeindruckt dürfte das die Gewerkschafter in manchen Ländern und Gemeinden lassen, die gegen Einsparungen Sturm laufen. Oberösterreich hat im Landtag per Gesetz beschlossen, dass die Gehälter der Landes- und Gemeindebediensteten im kommenden Jahr jedenfalls um einen Prozentpunkt unter dem Bundesabschluss liegen werden. Dagegen gibt es nun Montagfrüh in Linz Protestaktionen. In der Steiermark haben sich SPÖ und ÖVP auf eine Nulllohnrunde für Landes- und Gemeindebedienstete festgelegt. Auch dort gibt es Widerstand.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 5. Dezember 2011)