Verfassung: Bedenkliche "Zweidrittelgesetze"

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Die Reformen des Wahlrechts und der Justiz sorgen in Ungarn für Unmut. Die neue Einteilung der Wahlbezirke ist ganz auf die Regierungspartei Fidesz zugeschnitten. Das mache die Abwahl des Fidesz fast unmöglich.

Budapest/Pbo. Die neue Verfassung und die ihr beigefügten 32 sogenannten „Zweidrittelgesetze“ beinhalten viele bedenkliche Passagen. Politischen Sprengstoff birgt unter anderem das Gesetz über das neue Wahlrecht.

Laut dem Direktor des Instituts Policy Solutions, Tamás Boros, ist die neue Einteilung der Wahlbezirke ganz auf die Regierungspartei Fidesz zugeschnitten. Das mache die Abwahl des Fidesz fast unmöglich. Nur eine breite Allianz der oppositionellen Kräfte wäre dazu imstande. Jedoch ist die Opposition in viele Parteien zersplittert, die untereinander über Kreuz liegen. Mit dem Inkrafttreten der Verfassung wurden auch die Befugnisse des Verfassungsgerichts massiv beschnitten, in Fragen der Steuer- und Budgetpolitik etwa hat das Gericht kein Vetorecht mehr.

Generell fällt auf, dass unter den Verfassungsrichtern mehrere Vertrauenspersonen des Premiers sitzen. István Stumpf beispielsweise war Kanzleramtsminister während der ersten Regierung Orbán (1998–2002), István Balsai wiederum war im Vorjahr Regierungsbeauftragter für die Durchleuchtung des „Machtmissbrauchs” der linksliberalen Regierung von Ferenc Gyurcsány (2004–2009) während der Unruhen im Herbst 2006.

Für Unmut sorgt aber auch die Demontage der unabhängigen Justiz. An der Spitze der Landesgerichtsbehörde sitzt seit Kurzem Tünde Handó, die zusammen mit ihrem Ehemann, József Szájer, der Fidesz-Gründungsmitglied ist, zu den persönlichen Freunden des Orbán-Ehepaars gehört. Handó, die mit einem Mandat von neun Jahren gleichsam einbetoniert wurde, wird in Zukunft unter anderem darüber entscheiden dürfen, wer in Ungarn Richter wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2012)

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