Turbulenz in Migrantenpartei

Archivbild: Volkan Kahraman bei einem Länderspiel gegen die Schweiz am 21. August 2002.
Archivbild: Volkan Kahraman bei einem Länderspiel gegen die Schweiz am 21. August 2002.APA
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Ein Aushängeschild, der ehemalige Fußball-Nationalspieler Volkan Kahraman, wechselte zur ÖVP.

Es war ein Knalleffekt, als Turgay Taşkiran in der Dienstag-Ausgabe der „Presse“ erklärte: Seine türkisch dominierte Liste, die bei der Wien-Wahl den Einzug in drei Bezirksparlamente schaffte, bereite eine Kandidatur bei der Nationalratswahl 2018 vor – als Reaktion auf das „ständige Türkei-Bashing“. Und man werde „selbstverständlich“ bei der notwendigen Wiederholung der Bezirkswahl in der Leopoldstadt antreten, so Taşkiran zur „Presse“.

Welche Durchschlagskraft die Liste künftig hat, ist offen – gibt es seit der Wien-Wahl doch Turbulenzen bei Gemeinsam für Wien (GfW). Und nun hat, von der Öffentlichkeit unbemerkt, auch noch eines der prominentesten Zugpferde die Liste verlassen. Volkan Kahraman, türkischstämmiger Fußballer mit Einsätzen für die Österreichische Nationalmannschaft, Feyenoord Rotterdam, Austria Wien, SV Salzburg etc., ist zur ÖVP gewechselt. Dorthin nahm er eines von drei Mandaten mit, die GfW am 11. Oktober 2015 erobern konnte. Nach Gesprächen mit der ÖVP im Bezirk habe er erkannt: „Die ÖVP und ich denken in die gleiche Richtung“, so Kahraman zur „Presse“. Bei der ÖVP gebe es gute Strukturen, um etwas zu bewirken. Wobei interessant ist: Auch GfW-Spitzenkandidat Taşkiran wurde auffällig oft bei ÖVP-Veranstaltungen gesehen. Hat der Parteichef ebenfalls bei der ÖVP angedockt? Das will Taşkiran nicht kommentieren. Zum Wechsel von Kahraman meint er: GfW habe sich zum Ziel gesetzt, mehr Migranten in der Politik zu bringen. Das habe man erreicht – auch wenn Kahraman nun bei der Wiener ÖVP sei. Dort erklärt Iris Müller-Guttenbrunn, Vize-Parteimanagerin: „Wir stehen allen Menschen offen, die unsere Werte und Grundsätze teilen.“ Man sei laufend mit Menschen im Gespräch, die (noch) keine Mitglieder seien.

„Normaler Gebetsaufruf“

Für Turbulenzen bei der Migrantenliste sorgt zusätzlich der gescheiterte Putsch in der Türkei samt einer beispiellosen Säuberungswelle durch Präsident Recep Tayyip Erdoğan, bei der die Menschenrechtskonvention außer Kraft gesetzt wurde. Immerhin ist Taşkiran Ex-Chef der UETD, eines Vereins, der als verlängerter Arm von Erdoğans AKP im Ausland gilt. Und Taşkiran hat die Putschisten mit den Nazis unter Adolf Hitler gleichgestellt. Auf der GfW-Facebook-Seite teilte er den UETD-Aufruf „Die Straße gehört uns!“ auf Türkisch, während die UETD offen aufforderte, Befürworter des Putschs in der Türkei zu melden. Über die Demonstranten, die mit türkischen Fahnen durch die Straßen zogen und „Allahu akbar“ riefen, meint Taşkiran: Das sei kein Schlacht-, sondern ein normaler Gebetsaufruf. Der würde nur falsch verstanden, weil er vom IS (Islamischer Staat) missbraucht worden sei.

martin.stuhlpfarrer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2016)

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