Silbersteins Rolle und Honorare

Christoph Matznetter
Christoph MatznetterAPA/ROLAND SCHLAGER
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Die Aufgaben des Ex-SPÖ-Beraters waren umfassender als bisher zugegeben. Die SPÖ bezahlte etwa eine halbe Million Euro an Honoraren.

Wien. Qualitative und quantitative Meinungsforschung und Analyse. Medien- und Feindbeobachtung. Wahlkampfstrategieplanung, aber auch die Einrichtung eines „Warrooms“. Die Vorbereitung von Reden und TV-Auftritten. Training mit dem Spitzenkandidaten und Krisenmanagement – diese und einige andere Tätigkeiten gehörten laut Vertrag zu den Aufgaben des Ex-SPÖ-Beraters Tal Silberstein, der Mitte August verhaftet wurde und aus dessen Feder auch die umstrittenen Facebook-Kampagnen gegen Sebastian Kurz stammen. Die SPÖ legte die Verträge mit Silberstein am Donnerstag offen. Bisher wurde seine Rolle in diesem Wahlkampf eher kleingeredet.

Ein Auftrag an Silberstein, die Anti-Kurz-Seiten zu gestalten, fand sich in den Papieren, wie zu erwarten, aber nicht. Die SPÖ streitet nach wie vor ab, von den Facebook-Kampagnen gewusst zu haben – einer ihrer Wahlkampfmanager war allerdings laut der „Presse“ vorliegenden Informationen bis zu seinem Unfall Anfang September beteiligt.

Eine halbe Million Euro erhalten

Offengelegt wurden am Donnerstag auch die von der SPÖ an Silberstein bezahlten Honorare. Seiner Agentur GCS wurden seit Oktober 2016 insgesamt 536.000 Euro überwiesen – das monatliche Honorar von 15.000 Euro wurde mit 1. Jänner 2017 verdoppelt. Die Begründung der SPÖ: hoher Arbeitsaufwand. Der Vertrag sollte ursprünglich bis Ende September 2017 laufen – nachdem Neuwahlen im Frühsommer ausgerufen wurden, sei dieser laut Interims-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter bis Ende Oktober verlängert worden. Silbersteins Honorar für diesen Wahlkampf belief sich auf 390.000 Euro – davon musste er auch alle seine Mitarbeiter bezahlen.

Matznetter konnte am Donnerstag nicht ausschließen, dass auch SPÖ-Gelder in die Facebook-Seiten „Wir für Kurz“ und „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“ geflossen sind. Weitere 40.000 Euro wurden an Silbersteins Firma für Beratungsleistungen der SPÖ Niederösterreich für den anstehenden Landtagswahlkampf im Frühjahr 2018 überwiesen – die Bundespartei will diese Summe an die niederösterreichische SPÖ weiterverrechnen. 17.500 Euro wurden für Übersetzungsleistungen überwiesen und weitere 88.500 Euro für Datenanalytik.

Silberstein hatte sein Honorar im Vorhinein erhalten – weil dieser den Vertrag mit der SPÖ aufgrund seiner Verhaftung Mitte August nicht ganz erfüllen konnte, will die Partei nun 131.750 Euro zurückfordern.

Rechtliche Schritte behält sich die SPÖ sowohl gegen die vermuteten Urheber des „Datenlecks“ vor, das die Causa öffentlich gemacht hat, als auch gegen ihren involvierten Mitarbeiter Paul Pöchhacker sowie gegen Silberstein und dessen österreichischen Kompagnon Peter Puller. Weil auch rassistische und antisemitische Postings auf den Seiten veröffentlicht wurden, ist nun der Verfassungsschutz involviert.

Da die Partei von ihrem eigenen Mitarbeiter Pöchhacker offenbar nur wenig zur Causa in Erfahrung bringen kann, hat Matznetter noch einmal die Hand in Richtung eines möglichen Informanten ausgestreckt. Man wolle gegenüber Personen, die tätige Reue zeigen und zur Aufklärung beitragen würden, Milde walten lassen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2017)

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