Wahlkampfkosten: ÖVP will fehlerhafte Berichterstattung belegen

Symbolbild: Die neue Volkspartei
Symbolbild: Die neue VolksparteiAPA/ROLAND SCHLAGER
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Nach dem „Falter“-Bericht über die angeblich doppelte Buchhaltung der Volkspartei legt diese nun einige Rechnungen offen.

Den Bericht des „Falters“, wonach die ÖVP eine "doppelte Buchhaltung" führe, um die tatsächlichen Wahlkampfausgaben verschleiern zu können, dementierte die Volkspartei von Beginn an und kündigte rechtliche Schritte gegen die Zeitung an. Die Informationen würden, wie es bereits vergangene Woche hieß, nicht der Wahrheit entsprechen. Nun legt die ÖVP eine Reihe von Dokumenten offen, die Fehler beziehungsweise Manipulationen in der Berichterstattung belegen sollen. Die ÖVP übermittelte ein zehnseitiges Papier, in dem entsprechende Original-Rechnungen und Saldenlisten im Faksimile einzusehen sind.

Die Partei reagiert damit auf Vorwürfe der Wochenzeitung "Falter", wonach die ÖVP eine "doppelte Buchhaltung" führe, um die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro überschreiten und tatsächliche Wahlkampfausgaben verschleiern zu können. So berichtete die Wochenzeitung etwa, dass Unterlagen zeigten, wie die ÖVP anfallende Wahlkampfkosten - von Agenturrechnungen über Werbegeschenke und die Produktion von Image-Videos - aus den Wahlkampfbudgets herausrechnet und als "allgemeine Kosten" deklariert. Die ÖVP vermutet, dass die dem "Falter" vorliegenden Dokumente aus einem Cyberangriff stammen, bei dem bis zu 1300 Gigabyte an Daten aus dem Computersystem der Partei abgezogen worden sein sollen.

„Entweder falsch oder manipulativ"

Aus den vom "Falter" angeführten Beispielen hat die ÖVP nun "die prominentesten" herausgegriffen und will damit "den Nachweis erbringen, dass der 'Falter' entweder (unwissentlich) falsch berichtet hat oder (wissentlich) manipulativ", wie es in dem Papier heißt. An vorderster Stelle führt die ÖVP eine Rechnung der Mediaselect über 430.755,19 Euro an. Wie der "Falter" unter Berufung auf das "Rechnungseingangsbuch" der ÖVP schreibt, wurde diese am 4. Juli 2019, fünf Tage vor Beginn der Wahlkampffrist, unter dem Schlagwort "Marketing und Kampagnen" verbucht. Auf der von der ÖVP übermittelten Rechnung findet sich allerdings der Hinweis, dass es sich um Kosten der Kampagne für die "EU-Wahl" handelt. Die Inseratenbuchungen betreffen laut ÖVP also nicht die Nationalratswahl 2019, sondern die EU-Wahl vom 26. Mai 2019.

Weitere von der ÖVP vorgelegte Dokumenten betreffen drei am 4. Juli eingelangte Rechnungen der Alpha Medien Service über 110.000 Euro. Auch diese Kosten soll die ÖVP aus dem Wahlkampfbudget herausgerechnet haben. Auf den Rechnungen selbst findet sich als Betreff "EDV Service für 07/2019 bis inkl. 12/2019", "Infrastruktur PDV NG, Betrieb Wartung Hosting Q3/2019," sowie die Weiterverrechnung eines EDV-Geräts. Laut ÖVP handelt es sich um laufende Betriebskosten und keine Wahlkampfkosten. Als Nachweis dafür übermittelte die ÖVP auch die entsprechenden Rechnungen aus dem ersten Halbjahr.

Keine Informationen zu kolportiertem Wahlkampfbudget

In puncto ÖVP-gebrandeter Kugelschreiber, die im Wahlkampf 2017 und auch im Wahlkampf 2018 verteilt wurden und werden gab die Partei Einblick in Dokumente, die 2018 an die vom Rechnungshof bestellten Wirtschaftsprüfer gemeldet wurden sowie in die entsprechenden Buchungen und Saldenlisten aus den Jahren 2017 und 2019. Demnach wurden die Kugelschreiber, die während des Wahlkampfs 2017 in der Höhe von 130.170,00 Euro bestellt und bezahlt wurden, auch als Wahlkampfkosten verbucht und einberechnet. Kugelschreiberkosten für den Wahlkampf 2019 in Höhe von 80.400 Euro wurden ebenfalls als Wahlkampfausgaben verbucht.

Zur kolportierten Kostenaufstellung für das gesamte Wahlkampfbudget - 6,3 Millionen Euro innerhalb des für die Wahlkampfkostengrenze relevanten Zeitraums und 2,6 Millionen außerhalb - liefert das von der ÖVP übermittelte Papier keine Informationen. Diese vom "Falter" veröffentlichten Zahlen hat die ÖVP bisher nicht dementiert. ÖVP-Chef Sebastian Kurz betonte diesbezüglich mehrmals, dass die Vorgangsweise rechtlich korrekt sei und man die gesetzliche Obergrenze einhalte. Laut den von der ÖVP übermittelten Dokumenten dürfte es beim Wahlkampfbudget tatsächlich eine Unterscheidung in Wahlkampf und Nicht-Wahlkampf geben. Für das "Budget NRW19 - Ausgaben" gibt es neben den Spalten Posten, Anmerkung und Zuordnung Buchhaltung nämlich auch welche mit den Bezeichnungen Betrag SOLL - WK, Betrag SOLL - Nicht WK und Gesamt.

„Wir haben nichts Falsches berichtet"

Den Vorwurf der falschen Berichterstattung weist der „Falter“ nun zurück. Er akzeptiere die Erklärung der ÖVP natürlich und werde das auch in der weiteren Berichterstattung so festhalten, sagte Chefredakteur Florian Klenk und kritisierte aber, dass die ÖVP das Missverständnis mit der EU-Wahl nicht von vornherein aufgeklärt hat. Denn der "Falter" habe bei der ÖVP bezüglich dieser Buchung angefragt. "Wir wären froh gewesen, wenn sie uns diese Rechnung gleich gezeigt hätten. Dann hätten wir das rausgenommen", betont Klenk. Außerdem habe der "Falter" nicht geschrieben, dass es sich tatsächlich um Kampagnenkosten für die Nationalratswahl handle. Vielmehr habe man darauf hingewiesen, wie merkwürdig ein derartig hoher Meldungseingang unmittelbar vor der Frist für die Kostengrenze sei und die ÖVP um Aufklärung gebeten, betont Klenk. "Wir haben nichts Falsches berichtet."

Am Kern der Berichterstattung hält Klenk weiterhin fest. Aus den dem "Falter" zugespielten Unterlagen geht dem Bericht zufolge einerseits hervor, dass die ÖVP 2017 - anders als bisher zugegeben - von vornherein mit der deutlichen Überschreitung der Wahlkampfkosten rechnete. Andererseits zeigen die Unterlagen auch, dass heuer zwar mit der Einhaltung der Kostengrenze budgetiert wird - statt der erlaubten sieben sollen 6,3 Mio. Euro ausgegeben werden - dass darüber hinaus aber weitere 2,6 Mio. Euro an Kosten außerhalb der gesetzlichen Wahlkampfkostengrenze anfallen.

Neos fordern volle Transparenz

Kritik an der Informationspolitik der ÖVP übten derweil die Neos. Die ÖVP würde nur scheibchenweise Informationen über die Parteifinanzen veröffentlichen. "Die Salami-Taktik der ÖVP ist einer ehrlichen und transparenten Demokratie unwürdig", kritisierte Generalsekretär Nick Donig in einer Aussendung. "Der einzige Weg ist volle Transparenz aller Einnahmen und Ausgeben von Parteien 365 Tage im Jahr", schickte Donig in Richtung ÖVP: "Hätten sich andere Parteien diesem Grundsatz ebenfalls verpflichtet, hätte das Verwirrspiel um Wahlkampfausgaben, gestückelte Spenden und jetzt umstrittene Buchhaltungsunterlagen gar nie stattgefunden. Denn was offengelegt ist, wird nicht unter der Hand weitergegeben."

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer kündigte indessen an, die in Aussicht gestellte Unterlassungsklage gegen den "Falter" am Montagnachmittag einbringen zu wollen. "Wir können anhand mehrerer Rechnungen und Buchungszeilen belegen, dass der Falter falsch oder manipulativ berichtet hat", meint Nehammer. In den letzten drei Wochen des Wahlkampfs wolle man über Inhalte diskutieren.

(APA/Red. )

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