Identitären-Mitglied als Kandidat für FPÖ in Oberösterreich?

Symbolbild: Zuletzt sorgte auch ein Identitärenaufmarsch in Wien für Aufregung
Symbolbild: Zuletzt sorgte auch ein Identitärenaufmarsch in Wien für AufregungAPA/EXPA/MICHAEL GRUBER
  • Drucken

Der Unternehmer soll in einer Aufstellung der Justiz als Mitglied der rechtsextremen Vereinigung aufscheinen. Die FPÖ kündigt eine Stellungnahme an. FPÖ-Abgeordneter Jenewein sieht die Verantwortung in Oberösterreich.

Ein Mitglied der Identitären soll bei der Nationalratswahl für die FPÖ kandidieren. Der Unternehmer findet sich einem Bericht der Austria Presseagentur zufolge auf der Landesliste der oberösterreichischen Freiheitlichen auf einem der hintersten Plätze. Er erscheint demnach auf einer Aufstellung der Justiz als Mitglied der rechtsextremen Vereinigung. Die FPÖ kündigte eine Stellungnahme an.

>> Identitäre: Was sie (nicht) dürfen [premium]

Insgesamt 528 Mitglieder der Identitären sind auf der Liste der Ermittlungsbehörde erfasst. Dem FPÖ-Kandidaten in Oberösterreich ist darauf auch eine Mitgliedsnummer zugewiesen. Der Mann schreibt auch für das als rechtsextrem geltende Online-Magazin "Wochenblick" und wird in mehreren einschlägigen Foren zitiert.

Zuletzt hatte die FPÖ versucht, sich von der Identitären Bewegung zu distanzieren. Parteichef Norbert Hofer betonte etwa mehrmals seine Ablehnung der Bewegung. Im April hatte er gemeint, es sei für ihn "unvorstellbar, dass jemand, der bei uns aktiv ist - egal auf welcher Ebene -, sagt: 'Ich spende etwas oder ich gehe zu einer Veranstaltung oder Demo.'."

In die Quere kam der FPÖ dabei zuletzt aber auch ein Auftritt der nicht amtsführenden Wiener FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel bei einer Kundgebung der Rechtsextremen in Wien. Stenzel rechtfertigte sich damit, dass sie nicht gewusst habe, wer die Kundgebung veranstaltet habe.

Haimbuchner: „Derzeit kein Grund für Konsequenzen“ 

Für den FPÖ-Nationalratsabgeordneten Hans-Jörg Jenewein ist für den vermeintlichen identitären Kandidaten der oberösterreichische Landesparteichef und Landeshauptmann-Stellvertreter, Manfred Haimbuchner, zuständig. Jenewein sprach nach dem nationalen Sicherheitsrat von einer "gemachten Diskussion" und sagte, selber kein Verhältnis zu einem solchen Verein zu haben. "Was die in ihrer Freizeit machen, kann ich nicht bestimmen", antwortete Jenewein auf die Frage, wie es möglich sei, dass ein vermeintlicher Identitärer auf einer FPÖ-Landesliste kandidiere. Was einen allfälligen Parteiausschluss angeht, erklärte sich Jenewein für nicht zuständig. Dies sei eine Sache von Parteichef Hofer beziehungsweise für das Schiedsgericht der FPÖ.

Haimbuchner selber sagte am Mittwochnachmittag, er sehe aktuell keinen Grund, wegen der Kandidatur Konsequenzen zu ziehen. Man werde allerdings jemanden damit beauftragen, den Fall zu untersuchen - sollte sich herausstellen, dass der betroffene Kandidat falsche Stellungnahmen getroffen habe, werde man allerdings Konsequenzen ziehen. Haimbuchner ortete vielmehr Ablenkung und „Dirty Campaigning“ gegen die FPÖ.

Stelzer: „Identitäre in Oberösterreich nicht willkommen“ 

Indes forderte der oberösterreichische Landeshauptmann, Thomas Stelzer (ÖVP), „unverzüglich und in aller Klarheit“ „notwendige“ Konsequenzen, so es sich bewahrheite, dass es sich bei dem FPÖ-Kandidaten tatsächlich um ein Mitglied der Identitären handle.

Identitäre seien „in Oberösterreich nicht willkommen“, sagte Stelzer. Mit Haimbuchner habe er bereits persönlich gesprochen: Dieser habe ihm versichert, die Vorwürfe „sofort zu untersuchen“.

„Das Fass voll rechtsextremem, braunen Dreck ist am Überlaufen“, attestierte SPÖ-Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer. Wenn die FPÖ beteuere, es gäbe keine Verbindungen mehr zu den Identitären, zeige sich nun: "Haimbuchner und Co. lügen", so Brockmeyer. Für den Grünen Landessprecher Stefan Kaineder hat "Haimbuchner seine Glaubwürdigkeit als Parteichef verspielt" und Stelzer müsse "erkennen, dass die FPÖ die Brücken zum rechtsextremen Rand nicht abbricht und die Konsequenzen ziehen".

Spendenauftrag an identitären Verein

Der Kandidat selbst beteuerte in einer Stellungnahme, "zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Identitären Bewegung oder einer ihrer Teilorganisationen" gewesen zu sein. Er habe auch nie einen Mitgliedsantrag gestellt. Die Zuordnung einer Mitgliedsnummer zu seiner Person "kann daher nur ohne mein Wissen, ohne mein Einverständnis und ohne jegliche vereinsrechtliche oder anderweitige sachliche Grundlage erfolgt sein". Er habe auch nie an Veranstaltungen der Identitären teilgenommen.

Er räumte aber ein, von 20. Juli 2018 bis 28. März dieses Jahres via Dauerauftrag monatlich 20 Euro an den Verein "Heimat und Kultur" gespendet zu haben. "Ich tat dies im Glauben, dass es sich bei diesem Verein um einen von zahlreichen Brauchtums- und Traditionspflegevereinen handelt, die in Österreich für den Erhalt der Kultur und des Brauchtums tätig sind." Als er durch Medienberichte auf das Naheverhältnis des Vereins zu den Identitären aufmerksam wurde, habe er die Zahlungen eingestellt. Er würde "niemals und in keiner Weise verfassungsrechtlich bedenkliche Strömungen, Bewegungen oder Vereine unterstützen oder akzeptieren", so der Mann.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hatte im Juli die Auflösung des "Vereins für lebendige Kultur und Brauchtumspflege", der den rechtsextremen Identitären zugerechnet wird, in Linz bestätigt. Die Beschwerde gegen den Bescheid wurde damals abgewiesen. Der Verein hat sich laut eigenen Angaben inzwischen selbst aufgelöst.

„So etwas passiert nicht einfach“ 

SPÖ, Neos und Grüne zweifelten indes an der Glaubwürdigkeit der FPÖ in Hinblick auf die Identitären. Für den SPÖ-Bundesgeschäftsführer, Thomas Drozda, nehmen die „Einzelfälle“ kein Ende. "Die FPÖ steckt bis zum Hals im Identitären-Sumpf", verwies Drozda auch auf den Auftritt Stenzels. Die SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, Sabine Schatz, wandte sich zudem in Richtung ÖVP, die zuletzt mit den Freiheitlichen koaliert hatte: "Jetzt ist es an der Zeit, dass auch die Kurz-ÖVP endlich Farbe bekennt und eine Neuauflage einer Koalition mit der FPÖ ausschließt."

Auch Thimo Fiesel, Wahlkampfleiter der Grünen, sprach abermals Stenzels Auftritt an und richtete sich an FPÖ-Obmann Hofer. Dieser müsse "jetzt aufhören, die Menschen noch länger mit Ausreden hinzuhalten", forderte er: "Entweder es gibt Parteiausschlüsse für alle Betroffenen, und damit auch für Stenzel, oder die FPÖ beweist, was viele ohnehin vermuten: Dass sie zu einer echten Distanzierung von rechtsextremen Gruppen am Ende doch nicht bereit ist."

"So etwas passiert nicht einfach, das kann die FPÖ nicht einfach so wegwischen", meinte auch Neos-Generalsekretär Nick Donig. Die immer neuen Verstrickungen der FPÖ mit den Identitären würden Hofers Distanzierung von den Rechtsextremen „noch unglaubwürdiger“ machen. Für Donig zeigt die Kandidatur des Identitären-Mitglieds in Oberösterreich: "Die FPÖ ist schlicht nicht regierungsfähig."

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Sebastian Kurz.
Nationalratswahl 2019

Kurz: Kein Identitären-Verbot, keine Koalition

ÖVP-Parteichef Sebastian Kurz präsentiert sein Programm vor der Wahl nach und nach. Er will Staatskunde als neues Pflichtfach und säumigen Eltern die Familienbeihilfe streichen. Ein Verbot der Identitären ist Bedingung für eine Regierung.
Meta-Nachrichten

ÖVP will die Symbole der Identitären verbieten

Noch im September soll ein Gesetzesantrag im Parlament eingebracht werden.
Symbolbild: Zuletzt sorgte auch ein Identitärenaufmarsch in Wien für Aufregung
Nationalratswahl 2019

Weiterhin Unklarheiten bei vermeintlich identitärem FPÖ-Kandidaten

Der Mann soll in einer Aufstellung der Justiz als Mitglied der rechtsextremen Gruppe aufscheinen. Die FPÖ will prüfen; Schritte wurden noch keine eingeleitet. Der FPÖ-Kandidat hatte regelmäßig an einen Verein gespendet.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.