Wahlentscheidung: Ibiza-Video beeinflusst eher wenige Österreicher

31 Prozent der FPÖ-Wähler wollen wegen des Ibiza-Videos erst recht wieder das Kreuz bei den Blauen machen.
31 Prozent der FPÖ-Wähler wollen wegen des Ibiza-Videos erst recht wieder das Kreuz bei den Blauen machen.(c) APA/HARALD SCHNEIDER (HARALD SCHNEIDER)
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Bei FPÖ-Wählern gibt es einen Jetzt-erst-recht-Effekt. Anhänger der ÖVP würden aber ihre Partei lieber in einer Dreierkoalition sehen, statt mit den Blauen weiterzuregieren.

Wien. Am 29. September wählt Österreich. Der Grund dafür liegt in dem Mitte Mai bekannt gewordenen Ibiza-Video, über das die FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus gestolpert sind. Auf die Wahlentscheidung der Österreicher hat das skandalumwitterte Auftreten der beiden Freiheitlichen aber nur bedingt Einfluss, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Laut einer Umfrage von Public Opinion Strategies für ATV meinten 63 Prozent der Befragten, dass das Video keinen Einfluss auf die Wahlentscheidung habe. 18 Prozent gaben an, dass sie jetzt erst recht dieselbe Partei wie beim Urnengang 2017 wählen. Elf Prozent wollen jemand anderem ihr Vertrauen schenken, nur ein Prozent wegen des Ibiza-Videos auf die Stimmabgabe verzichten.

63 Prozent der ÖVP- und SPÖ-Wähler (bei der FPÖ: 62 Prozent) meinten, dass sie das Video nicht in ihrer Wahlentscheidung beeinflusse. Umgekehrt hat die Affäre bei Freiheitlichen einen gewissen Mobilisierungseffekt: 31 Prozent der Blau-Wähler gaben an, deswegen erst recht FPÖ zu wählen.

Für die Studie wurden zwischen dem 2. und dem 13. September insgesamt 2402 wahlberechtigte Österreicher befragt (maximale Schwankungsbreite: zwei Prozent). Abgefragt wurden auch bevorzugte Koalitionsvarianten. An erster Stelle liegt eine Dreierkoalition aus ÖVP, Grüne und Neos (29 Prozent), gefolgt von Türkis-Blau (27) und Rot-Schwarz (20). Einen Pakt zwischen SPÖ und FPÖ wollen nur vier Prozent. Unter den ÖVP-Wählern sprachen sich 40 Prozent für eine Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Neos aus, 33 Prozent stimmten für ÖVP-FPÖ.

Fast jeder sechste SPÖ-Wähler und mehr als jeder achte FPÖ-Wähler wollen ihre jeweilige Partei in einer Koalition mit Sebastian Kurz sehen. Nur jeder zehnte Blau-Wähler würde hingegen einen Pakt mit den Sozialdemokraten bevorzugen.

Ein zentrales Thema waren im Wahlkampf auch der mutmaßliche Hackerangriff auf die ÖVP und die daraufhin öffentlich bekannt gewordenen Zahlen aus der türkisen Buchhaltung. Was für die einen zeigt, dass die Volkspartei bei Wahlkampfkosten und Spenden trickse, ist für die ÖVP selbst vielmehr deswegen ein Skandal, weil sie Opfer von professionellen Hackern geworden sein soll. Und nun gibt es auch eine erste Spur in den diesbezüglichen Ermittlungen.

Hackerangriff: Spur nach Frankreich

Wie die „Kronen Zeitung“ und „Österreich“ am Sonntag gleichlautend berichteten, sollen die ÖVP-Daten auf einem französischen Server gefunden worden sein. Es soll sich um 1300 Gigabytes an gestohlenen Daten handeln. Gespeichert sind die Daten dort aber nur noch bis Ende September. Auch die Hacker selbst könnten die Daten nicht extern löschen, hieß es in dem Bericht. Zudem gelte es mittlerweile für die Cyber-Experten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) „als gesichert“, dass ein Angriff von außen auf die Computer der ÖVP-Zentrale stattgefunden habe, schreibt die „Kronen Zeitung“.

Politische Gegner der ÖVP hatten gemutmaßt, dass die Volkspartei den Hacker-Angriff selbst erfunden habe. Peter Pilz zeigte führende ÖVP-Politiker wegen „Vortäuschung einer strafbaren Handlung“ an. Die ÖVP wiederum hatte erklärt, dass Teile ihrer über die Wochenzeitung „Falter“ publik gewordenen Buchhaltungsdaten gefälscht worden seien, die ÖVP sagte aber nie, welche. Der „Falter“ hält die Daten für echt.

„Aufg'spritzte“: Horten klagt Katzian

Bestätigt hat die ÖVP aber die ebenfalls bekannt gewordenen Großspenden. So hatte Milliardärin Heidi Goëss-Horten der Partei in den vergangenen zwei Jahren 931.000 Euro überwiesen – in monatlichen Tranchen zu 49.000 Euro. Dadurch mussten die Spenden nicht sofort dem Rechnungshof gemeldet werden, denn die Grenze dafür lag bis zur Novelle im vergangenen Juli bei 50.000.

Wegen dieses Vorgangs hatte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian wenig charmante Worte für die 78-Jährige parat. „An Neid auf die Aufg'spritzte mit ihre Zwa-Millionen-Ketten ham mir ned“, sprach Katzian bei einer Veranstaltung der Gewerkschafter in der SPÖ. Hortens Anwalt, Manfred Ainedter, kündigte nun deswegen eine Klage an. „Frau Horten will nicht der Fußabstreifer in diesem Wahlkampf sein“, sagte Ainedter. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2019)

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