Wählen mit 16: Wahlkampf in der Disco

(c) AP (Francesco Benvenuti)
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Erstmals bei einer Nationalratswahl dürfen diesen Herbst 16- und 17-Jährige wählen. Parteien werben eifrig um 184.000 Stimmen der neuen Wähler.

Wien. Von den 6,35 Millionen Wahlberechtigten entfallen etwa 184.000 Jugendliche auf diese neue Wählerschicht. Womit umwerben die Parteien die „Ersttäter“?

Die SPÖ setzt auf Laura Rudas als zentrale Identifikationsfigur – sie besitze bei Jungwählern eine hohe Glaubwürdigkeit und würde relevante Kernthemen wie Bildung und soziale Gerechtigkeit optimal vermitteln, heißt es in der Parteizentrale. Die SPÖ wisse aus Erfahrung, dass man Jugendliche vor allem im direkten Kontakt überzeugen könne: Man solle mit, nicht über die Jugend reden. Im Wahlkampf werde man daher „vor Ort“ in Erscheinung treten: „In Jugendzentren, am Schwedenplatz, in und vor Discos.“ In Sachen Studiengebühren wird die SPÖ im Wahlkampf wieder für eine Abschaffung eintreten. (Im Parlament will sie den Noch-Koalitionspartner aber zum großen Ärger der SPÖ-Studenten nicht mithilfe der Opposition überstimmen.)

Die Volkspartei will junge Kernthemen erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben und verweist auf die versprochene Kürze des Wahlkampfes. Basis für das Jugendprogramm werde aber die auch bisher praktizierte „generationengerechte“ Politik sein, „bei der wir unseren Kindern in die Augen sehen können“, so ein ÖVP-Sprecher. Sei es bei den Pensionen, wo die Interessen der Jugend „von der SPÖ mit Füßen getreten“ worden seien; sei es bei mehr Finanzmitteln für die Schulen oder Förderungen für die Lehrlingsausbildung. Das Jugendwahlprogramm will die ÖVP etwa einen Monat vor der Wahl präsentieren.

Opposition: Sprache der Jugend

Die Grünen lassen mit der Aussage aufhorchen, die „Ausstrahlung von Alexander Van der Bellen“ vermittle jungen Menschen grünes Lebensgefühl. Der Wirtschaftsprofessor müsse sich dafür nicht bei Clubbings anbiedern, wie dies andere Politiker in Wahlkampfzeiten gerne tun. Junge seien den Grünen traditionell sehr wichtig.

Inhaltlich wird die Bildung Kernthema: Gegen Studiengebühren und Uni-Zugangsbeschränkungen will man auftreten, aber für eine bessere Ausstattung der Hochschulen. Die soziale Sicherung von Praktikanten sei ebenso wichtig, wie der Ausbau von billigen oder kostenlosen Öffis bis spät in die Nacht. Als Wahlkampfmedium werden die Grünen auf das Internet setzen.

Die Jugendaffinität des eigenen Spitzenkandidaten betont auch die FPÖ: Heinz-Christian Strache spreche „die Sprache der Jugend statt Politkauderwelsch“. In den Jungwählern sieht die FPÖ ein riesiges Potenzial, das sie mit einem Jugendwahlkampfpaket abschöpfen will: Alle freiheitlichen Themen sollen auch an die Bedürfnisse der Jugend angepasst werden, von der Arbeitsmarktpolitik bis zur Pensionssicherung. Die FPÖ habe Vertrauen in die Jugend, weshalb die Jugend auch ihr vertrauen könne.

Das BZÖ will auf Sachthemen und nicht auf „billige Lockangebote“ setzen und wartet mit konkreten Forderungen auf: Ein bundesweit einheitliches Jugendschutzgesetz sei nötig, Praktika während der Schulbildung sollen die Jobchancen erhöhen; und durch die Zusammenarbeit von Schulen mit Sportvereinen soll öffentliche Infrastruktur besser für die Betreuung von Jugendlichen an Nachmittagen und Wochenenden genutzt werden. Ein wichtiges Anliegen sind auch höhere Einstiegsgehälter bei flacheren Wachstumskurven: Denn junge Menschen bräuchten mehr Geld für Existenzgründung und private Pensionsvorsorge – auf die staatliche Pension sei in 30 Jahren kein Verlass mehr.

AUF EINEN BLICK

Erstmals bei Nationalratswahlen sind im Herbst Jugendliche ab 16 Jahren wahlberechtigt. Das passive Wahlrecht wurde von 19 auf 18 Jahre gesenkt.

Auf 16- und 17-Jährige entfallen rund 184.000 der 6,35 Millionen Wahlberechtigten.

Zur Urne darf, wer mit dem Wahltag (28. September) das 16. Lebensjahr beendet hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2008)

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