NS-Liederbuch: Van der Bellen fordert Rücktritt Landbauers

Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Bundespräsident Alexander Van der Bellen APA/AFP/FREDERICK FLORIN
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Sollte Niederösterreichs FPÖ-Kandidat wegen der Affäre um ein NS-Liederbuch der Burschenschaft Germania nicht zurücktreten, "dann hat die FPÖ ein Problem", mahnt der Bundespräsident. FPÖ-Generalsekretär Vilimsky kontert.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen fordert nach dem Nazi-Lieder-Skandal bei der Burschenschaft "Germania zu Wiener Neustadt" den Rücktritt des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten und langjährigen Germania-Vizeobmannes Udo Landbauer. Tritt er nicht zurück, "dann hat die FPÖ ein Problem", sagt Van der Bellen laut ORF-Online heute, Samstag, im Ö1-"Journal".

Aus der Sicht Van der Bellens beginnt die Rote Linie nicht erst beim Strafrecht: "Ein lächerlich Machen des Massenmords im Zuge des Holocausts, ein lächerlich Machen der Vergasung von Millionen Juden in Auschwitz, ich meine, wo sind wir denn?", so Van der Bellen im Ö1-Interview. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte sich in dieser Causa für volle und rasche Aufklärung ausgesprochen - und gemeint, die Verantwortlichen müssten "die volle Härte des Gesetzes spüren".

Wird ein Burschenschafter zum Verfassungsrichter?

Nicht ausschließen wollte Van der Bellen in dem Interview, dass er einen Burschenschafter zum Verfassungsrichter ernennt. Am VfGH läuft gerade die Nachbesetzung des pensionierten Präsidenten Gerhart Holzinger und zweier Verfassungsrichter - und die FPÖ wird zumindest einen davon davon nominieren.

Der Bundespräsident erinnerte außerdem an den bisher einzigen von der FPÖ vorgeschlagenen Verfassungsrichter, Herbert Haller: Dieser sei ein "guter Jurist und angenehmer Mensch" gewesen. Die jetzige Besetzungsvorschläge werde er sich "mit Sicherheit genau anschauen".

Vilimsky warnt vor "Ruinieren der Überparteilichkeit"

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky konterte dem Staatsoberhaupt am Samstag umgehend: Van der Bellen "sollte nicht durch Vorverurteilungen die Überparteilichkeit seines Amtes ramponieren." Einen Tag vor der niederösterreichischen Landtagswahl "aus der Hofburg eine Verurteilung vorzunehmen, entspricht nicht dem Stil und der Würde der Funktion des Bundespräsidenten", meinte Vikimsky.

Außerdem habe Landbauer bereits "in einer sehr klaren und glaubwürdigen Form dargelegt, dass er mit jenen Textstellen, die in einem 20 Jahre alten Liederbuch nun ans Licht der Öffentlichkeit gelangt sind, weder etwas zu tun hat noch zu irgendeinem Zeitpunkt davon Kenntnis hatte". Der Bundespräsident "sollte wissen", dass Landbauer elf Jahr alt war, als das Liederbuch publiziert wurde.

Kern: Rückzug aller Burschenschafter aus Regierung

Generell den Rückzug aller Burschenschafter aus Regierungsämtern und Kabinetten forderte unetrdessen der früher Bundeskanzler, SPÖ-Chef Christian Kern. Die ÖVP habe "am Rande der Rechtsradikalität schrammende deutschnationale Burschenschafter" in höchste Staatsfunktionen geholt, kritisierte er gegenüber dem ORF das FPÖ-Regierungsteam.

Auf einen Blick

Wegen des einschlägigen Liederbuchs der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt", der auch der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat, Udo Landbauer, angehört, hat nun die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen vier Personen aufgenommen. Im Raum steht der Vorwurf der Wiederbetätigung.

In dem 300 Seiten starken Liederbuch, das die Burschenschaft aufgelegt hat, sind unter anderem diese Zeilen abgedruckt: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Und an anderer Stelle: "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'"

Landbauer streitet ab, von dem Lied gewusst zu haben. Seine Mitgliedschaft bei der Burschenschaft stellte er ruhend. Medientermine, wie einen Skikurs im Rahmen seines Niederösterreich-Wahlkampfes, wurden abgesagt.

(Red./APA)

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