Haimbuchner zu Fall Landbauer: "Würde aus Verbindung austreten"

Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner
Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner(c) Clemens Fabry (Presse)
  • Drucken

Oberösterreichs FPÖ-Chef übt Kritik an der NS-Liederbuch-Affäre: "Wer so denkt, der ist nicht ganz dicht." Niederösterreichs Alt-Landeshauptmann Pröll appelliert indes an die Bundesregierung. Der Nationale Sicherheitsrat berät heute über die Causa.

Niederösterreichs Landtagswahl ist geschlagen – die Affäre rund um den freiheitlichen Spitzenkandidaten Udo Landbauer und das einschlägige NS-Liederbuch der Burschenschaft „Germania zu Wiener Neustadt“ geht dennoch weiter. So wird die von der SPÖ verlangte Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates heute Abend stattfinden und sich mit der Causa sowie mit dem Wanzenfund im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) befassen. Abseits dessen hält auch der Reigen an Kritik und Verteidigung Landbauers an.

Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner forderte am Dienstag in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ eine intensive Aufarbeitung der Affäre. „Ich glaube, dass bei manchen in diesem Lager eine Psycho-Hygiene notwendig wäre“, hielt er in Richtung „dritten Rand" fest. Denn: „Wer heute noch in diesen Kategorien denkt und das auch noch zu Papier bringt, der ist nicht ganz dicht.“ Er ortete einen „gewissen Narrensaum in der FPÖ“ – ein Wort, das einst Andreas Mölzer in die Diskussionen um die mangelnde Abgrenzung der Freiheitlichen zur extremen Rechten eingeführt hatte. „Solche Vorgänge machen nicht nur nachdenklich, sondern auch zornig“, meinte Haimbuchner zum antisemitischen Liederbuch, weshalb die Staatsanwaltschaft bereits Ermittlungen eingeleitet hat.

Auch an Landbauer übte Haimbuchner, selbst Mitglied der Kösener Corpsstudenten, Kritik: Dessen Wahlkampf-Appell „Jetzt erst recht“, sei nach dem Aufploppen der Affäre sicher „kein idealer Spruch“ gewesen und wohl der Hektik im Endspurt geschuldet gewesen. Im ORF Oberösterreich ergänzte er: „Wir brauchen keine Idioten aus irgendeinem Narrensaum, das haben wir alle miteinander nicht Not.“ Mit Blick auf Landbauers Burschenschaft-Mitgliedschaft ergänzte er: „Ich würde mich in einer solchen Verbindung nicht wohlfühlen und würde austreten.“

"Mondfenster": Pröll sieht Kurz und Strache gefordert

Kritisch äußerte sich auch Niederösterreichs Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) – und nahm Türkis-Blau in die Pflicht. Es sei „eine gemeinsame Aufgabe in der Bundesregierung“, sich von Schatten der Vergangenheit zu befreien, sagte Pröll gegenüber „SchauTV“. Und wandte sich damit nicht nur an Strache, sondern auch an Sebastian Kurz: „Da kann sich der Bundeskanzler genauso wenig wie der Vizekanzler aus der Verantwortung stehlen.“ Die jetzige Phase sei ein „Mondfenster, wo es gelingen kann, die Schatten der Vergangenheit abzuwerfen und ohne Ballast in die Zukunft zu gehen - wenn hier klare Schritte gesetzt werden“. Das hänge unmittelbar mit der Personalentscheidung in Niederösterreich zusammen.

„Es geht ja nicht um persönliche Befindlichkeiten“, betonte Montagabend auch der freiheitliche Publizist und einstige EU-Parlamentarier Andreas Mölzer in der „ZiB 2“. Auch nicht, um einen „Sturheits-Standpunkt der FPÖ“, sondern um die Frage: „Wie dient man dem Lande Niederösterreich?“

Die FPÖ-Gremien würden nun „alle Möglichkeiten“ erwägen, so Mölzer. Gemeint ist: Ob Landbauer in die Regierung geht und möglicherweise kaum Zuständigkeiten erhält oder ein anderer Freiheitlicher an seiner Stelle einzieht. Allerdings: „Diese Vorverurteilungen – auch durch den Bundespräsidenten (er forderte Landbauers Rücktritt, Anm.), der Gerichten vorgreift und jemanden für schuldig erklärt, ohne dass ein konkretes Substrat da ist, auch durch die Landeshauptfrau (Johanna Mikl-Leitner schloss eine Zusammenarbeit mit Landbauer in der Landesregierung aus, Anm.)– das finde ich vom Rechtsstaatlichen her nicht sehr klug“, kritisierte Mölzer. 

Denn: „Ob der Herr Landbauer etwas Verbotenes getan hat, wir das Gericht entscheiden, alles andere ist eine private Meinung, alles andere ist jetzt eine Vorverurteilung.“ Man frage sich folglich: „Warum soll er ausgeschlossen werden von der demokratischen Mitwirkung?“

Mölzer: Vor 40 Jahren "war man nicht sensibel genug"

Auf Mölzers Aussagen gegenüber Ö1 in der Vorwoche angesprochen, wo dieser gemeint hatte, er kenne das Lied rund um die nun aufgetauchte, umstrittene Textzeile „,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“, meinte Mölzer: „Ich selber bin vor 40 Jahren, 1968, Mitglied einer Mittelschüler-Verbindung geworden – einer schlagenden – und da habe ich das Lied gehört und erinnerlich, zwei, drei Mal auch, diese grausliche Strophe.“ Das sei eine Zeit gewesen, als die ÖVP ihren Kandidaten „einen echten Österreicher“ nannte, gegenüber dem SPÖ-Kandidaten Bruno Kreisky. Jene Zeit, so Mölzer weiter, „in der Kreisky sagen konnte: ‚Wenn die Juden ein Volk sind, dann sind sie ein mieses Volk‘.“ Soll heißen, laut Mölzers Ansicht: „Man war damals noch nicht sensibel genug.“ 

Causa Landbauer auf einen Blick

Wegen des einschlägigen Liederbuchs der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt", der auch der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat, Udo Landbauer, angehört, hat nun die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen vier Personen aufgenommen. Im Raum steht der Vorwurf der Wiederbetätigung.

In dem 300 Seiten starken Liederbuch, das die Burschenschaft aufgelegt hat, sind unter anderem diese Zeilen abgedruckt: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Und an anderer Stelle: "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'"

Landbauer streitet ab, von dem Lied gewusst zu haben. Seine Mitgliedschaft bei der Burschenschaft stellte er ruhend. Medientermine, wie einen Skikurs im Rahmen seines Niederösterreich-Wahlkampfes, wurden kurz vor der Landtagswahl am 28. Jänner abgesagt.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen forderte im Vorfeld des Urnengangs den Rücktritt Landbauers. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner schloss eine Zusammenarbeit mit dem 31-Jährigen aus.

>>> Haimbuchner in den "Oberösterreichischen Nachrichten"

>>> Haimbuchner im ORF Oberösterreich

>>> Mölzer in der "ZiB 2"

>>> Pröll im "Schau TV"

(hell)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.