FPÖ-Geschichte: Keine "hochtrabende Kommission"

WIENER AKADEMIKERBALL 2018: STRACHE
WIENER AKADEMIKERBALL 2018: STRACHE(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Neue Details zur angekündigten Geschichtsaufarbeitung bei der FPÖ werden vom "Kurier" berichtet. Der Historiker Lothar Höbelt sagte der Zeitung, die Kommission solle "kein Tribunal" werden.

Nach der Ankündigung von FPÖ-Parteiobmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache, die Geschichte des Dritten Lagers von einer Historikerkommission aufarbeiten zu lassen, berichtete der "Kurier" über erste Details des Plans. So sei die Partei aktuell auf der Suche nach geeignetem Personal und wolle das Prozedere definieren, sagte ein Sprecher dem "Kurier". Anlass für Straches Ankündigung war die Causa um NS-Liedgut, das in der Burschenschaft des früheren FPÖ-Spitzenkandidaten in Niederösterreich, Udo Landbauer, gefunden wurde.

Der FPÖ-nahe Historiker Lothar Höbelt wird in dem Bericht als möglicher Kommissar gehandelt. Er selbst sagte der Zeitung, die FPÖ-Geschichtekommission solle "kein Tribunal" werden: "Es sollen auch keine Urteile gesprochen werden." Zudem solle es auch keine "hochtrabende Kommission", sondern eine "interne Arbeitsgruppe" werden. Einen Experten des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) der Kommission hinzuzuziehen, lehne Höbelt ebenfalls ab: Das DÖW mache "nur Propaganda", sagte der Historiker dem "Kurier".

Höbelt sei zudem dagegen, die Archive von Burschenschaften zu durchforsten, wie es zuletzt gefordert wurde; Transparenz wünsche er sich allerdings von FPÖ-Politikern, die Verbindungen angehören. Sie sollten offenlegen, wo sie wie beteiligt seien.

>>> Dossier: Burschenschaften in Österreich

Er rechne nicht damit, dass es recht bald zu der Untersuchungskommission komme. Die FPÖ sei, in Höbelts Worten, an ihrer "Kapazitätsgrenze angelangt".

Höbelt forschte unter anderem zur Geschichte der Deutschnationalen in Österreich, gilt als Kenner des Dritten Lagers - also jener Richtung, der sich die Deutschnationalen und Nationalliberalen in Österreich zurrechnen - und engagierte sich etwa im Personenkomitees für die FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz 2010.

Der "Kurier" zitierte in dem Gespräch auch den Grazer Geschichteprofessor Dieter Binder, der die Ankündigungen der FPÖ zur Kommission "unglaublich vage" nannte. Die Partei wolle nur die Öffentlichkeit beruhigen und "den Handlungsspielraum zurückgewinnen", sagte Binder der Zeitung.

Waldhäusls Familie "Verlierer" der NS-Zeit

Der designierte FPÖ-Landesrat in Niederösterreich, Gottfried Waldhäusl, sagte am Freitag im Ö1-Interview, er halte es für "nicht falsch", wolle man die Geschichte des Dritten Lagers "einmal ordentlich aufarbeiten". Für ihn sei allerdings etwas anderes entscheidend: "Dass wir weg von all diesen Diskussionen wieder zu einer politischen Arbeit kommen."

Zu seiner Haltung dem Nationalsozialismus gegenüber erklärte Waldhäusl: "Bei mir ist das relativ einfach. Meine Familie ist Verlierer dieser Zeit." Sie habe während der NS-Zeit "die Heimat verloren", als sie für den Bau des Truppenübungsplatzes Allentsteig "ausgesiedelt" wurde: "Also ich glaube, bei mir ist ganz klar, in welche Richtung ich hier denke." Waldhäusl rückte nach Udo Landbauers Abgang - der NS-Liederbuch-Causa geschuldet - aus der Politik ins niederösterreichische Regierungsteam nach.

Die Causa Landbauer

Wegen des einschlägigen Liederbuchs der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt", der auch der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat, Udo Landbauer, angehört, hat nun die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen vier Personen aufgenommen. Im Raum steht der Vorwurf der Wiederbetätigung.

In dem 300 Seiten starken Liederbuch, das die Burschenschaft aufgelegt hat, sind unter anderem diese Zeilen abgedruckt: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Und an anderer Stelle: "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'"

Landbauer streitet ab, von dem Lied gewusst zu haben. Seine Mitgliedschaft bei der Burschenschaft stellte er ruhend. Medientermine, wie einen Skikurs im Rahmen seines Niederösterreich-Wahlkampfes, wurden kurz vor der Landtagswahl am 28. Jänner abgesagt.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen forderte im Vorfeld des Urnengangs den Rücktritt Landbauers. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner schloss eine Zusammenarbeit mit dem 31-Jährigen aus. Landbauer trat schließlich am 1. Februar von allen politischen Funktionen zurück.

>>> zum Bericht des "Kurier"

(Red.)

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