Salzburg: Schwarz-Rot auf Biegen und Brechen

Salzburg SchwarzRot Biegen Brechen
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Am Sonntag entscheiden die Salzburger Wähler, wer das Land regieren wird. Klar scheint, dass es Schwarz-Rot oder Rot-Schwarz sein wird. Der Finanzskandal muss schließlich unter Kontrolle bleiben.

Wien. „Bei der Wahl geht es wohl nur darum, ob ÖVP oder SPÖ vorn ist. Der Finanzskandal hat beide Parteien längst aneinandergeschweißt “, sagt einer jener Experten, der mit dem Salzburger Finanzskandal betraut ist. Er fürchtet, dass die Aufarbeitung des milliardenschweren Glücksspiels, das die Finanzabteilung unter dem Titel „Schuldenmanagement“ seit 2001 unter Duldung der Politik betrieben hat, nur punktuell stattfinden wird. „Alle Indizien deuten darauf hin, dass die Affäre entsorgt wird“, sagt er.

Am Donnerstag betonte Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) im „Presse“-Interview, dass eine neuerliche Koalition mit der ÖVP für sie vorstellbar sei. Der Finanzskandal ließ Rot-Schwarz in Salzburg zerbrechen. Nun dürften die beiden erkannt haben, dass sie eben dieser Skandal noch für lange Zeit aneinanderketten wird.

Trügerischer 85 Millionen-Gewinn

Fünf Monate nach Auffliegen der hochriskanten Geschäfte wird lediglich ein Teil der Problems professionell und transparent angegangen. Es sind jene 1,8 Milliarden Euro, die mit Stichtag 31. Dezember 2012 bei Dutzenden Banken investiert waren. Die Geschäfte werden von der Wiener Wertpapierfirma Ithuba Capital des früheren Bank-Austria-Vorstands Willi Hemetsberger sukzessive aufgelöst. Die WU-Professoren Stefan Pichler und Josef Zechner beraten ihn. Knapp die Hälfte dieser Spekulationen wurde beendet. Mit einem Plus von 85 Millionen Euro, wie die Salzburger SPÖ Mitte April jubelnd hinausposaunte.

Bei näherer Betrachtung schwindet die Euphorie schnell. Denn die Ithuba hat anfangs die „leicht realisierbaren“ Geschäfte abgewickelt. Dazu gehören die ominösen „ÖBFA-Swaps“. Die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) hat Finanzgeschäfte für das Land Salzburg durchgeführt.

Noch immer sind Spekulationsgeschäfte in Höhe von 930 Millionen Euro offen. Und jedesmal, wenn EZB-Chef Mario Draghi wie am Donnerstag an der Zinsschraube dreht, ändert sich der Aggregatzustand der hochtoxischen Papiere. Das Zinsrisiko bereitet den Experten die größten Sorgen, heißt es. Hauptaufgabe sei es nun, dieses Risiko schrittweise zu reduzieren.

Den Krieg mit den Banken hat sich das Land für die Zeit nach der Wahl aufgehoben. Eine Gretchenfrage wird sein: „Wie hält es die künftige Regierung mit der Salzburger Hypo?“ Denn das Institut, das als ÖVP-Bank gilt und in dem der nunmehrige ÖVP-Spitzenkandidat Wilfried Haslauer bis 2009 im Aufsichtsrat gesessen ist, gilt neben der Deutschen Bank als die größte Drehscheibe im Salzburger Spekulationsringelspiel. Unter den Finanzexperten stellt sich längst die Frage: Wie würde ein Landeshauptmann Haslauer das Problem Hypo angehen?

Politische Verantwortung trotz Wahlkampf attestiert ein Insider den Salzburger Grünen. Dass das Land Ende Februar Selbstanzeige bei der Finanz erstatten konnte, sei ihnen zu verdanken, erzählt er. Die Grünen haben die Steuerhinterziehung offenbar entdeckt, seien damit aber nicht an die Öffentlichkeit gegangen. „Das war wahltaktisch nicht gut, hat dem Land aber vermutlich Millionen gebracht“, sagt der Insider. Hätten die Grünen Anzeige erstattet, wäre zu einer Steuernachzahlung in Höhe von 31 Millionen Euro auch noch eine saftige, millionenschwere Strafe auf das Land zugekommen.

Zurück zur Aufarbeitung des Finanzskandals: Was vor dem Stichtag 31. Dezember 2012 geschehen ist, liegt nach wie vor weitestgehend im Dunkeln. Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass das Land 2007 auch in Schieflage befindliche Spekulationsgeschäfte von der Stadt Salzburg mit der Hypo übernommen hatte. Warum? Das konnte auch der U-Ausschuss nicht klären.

Wurden Verluste versteckt?

Wurden Spekulationsverluste versteckt? Irgendwo geparkt? Im Wohnbaufonds oder in Tochtergesellschaften des Landes? Noch ist dieser Frage keiner nachgegangen. Und was ab dem Sommer 2012 geschehen ist, nachdem man Referatsleiterin Monika Rathgeber suspendiert hat, ist ebenfalls noch nicht bekannt. Anfang April ließ der Linzer Universitätsprofessor Meinrad Lukas, der das Land Salzburg berät, im U-Ausschuss aufhorchen. Durch überhastete, unkoordinierte Verkäufe seien Ende 2012 Verluste in Höhe von 50 Millionen Euro schlagend geworden.

Fazit: Der Salzburger Finanzskandal ist erst zu einem kleinen Bruchteil aufgearbeitet. Der Schaden ist noch nicht bezifferbar. Es gibt allerdings viele Indizien, dass er groß ist. Ein Indiz liefern ÖVP und SPÖ, wenn sie nach dem Sonntag wieder gemeinsam regieren wollen. Müssen? Auf Biegen und Brechen.

Auf einen Blick

Die Hälfte der 1,8 Mrd. Euro teuren Spekulationsgeschäfte des Landes Salzburg wurden mit 85 Millionen Euro Gewinn abgewickelt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Zuerst wurden jene Geschäfte glattgestellt, die „leicht zu realisieren“ sind. Die schwierigen 900 Millionen sind noch nicht gerettet. Es ist zu befürchten, dass am Ende ein dickes Minus stehen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2013)

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