Van der Bellen: "In Salzburg Koalition mit Stronach nicht ausschließen"

Alexander Van der Bellen
Alexander Van der Bellen(c) Clemens Fabry
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Alexander Van der Bellen, der ehemalige Parteichef der Grünen, spricht im Interview mit der "Presse" über Regieren als moralische Verantwortung - und Nachfolgersorgen in Wien.

Die Presse: Wie haben Sie den Wahlsonntag verbracht? Jubelnd vorm Fernseher?

Alexander Van der Bellen: Ich habe es im Garten bei Freunden am Handy online verfolgt, natürlich jubelnd.

Fragt man sich in solchen Momenten nicht auch, ob Eva Glawischnig etwas besser macht als Sie? Oder ist der Erfolg einem Glücksfall namens Salzburger Finanzskandal geschuldet?

Beides. Es war sicher Glück, dass Astrid Rössler durch Losentscheid den Vorsitz im U-Ausschuss bekommen hat, aber was sie daraus gemacht hat, war ihre Kompetenz. In der Politik hat man einmal mehr Glück, einmal weniger: Bei der vorigen Tirol-Wahl hatten es Grüne mit Dinkhauser nicht leicht.

Die Grünen sind nun mehrfache Regierungspartei – in Oberösterreich, Wien, Kärnten, vermutlich Tirol, eventuell Salzburg. Eine Variante für Salzburg ist: ÖVP, Grüne, Team Stronach. Gute Idee?

Beim Team Stronach kommt es stark auf die involvierten Leute an. Für Salzburg würde ich es nicht ausschließen.

Kann man aus den Landeswahlen denn etwas für die Nationalratswahl ableiten?

Zumindest einen gewissen Optimismus.

Und Erfolgschancen in den großen Städten.

Ja, aber man muss sehen, dass sich in Salzburg in den Dörfern der Anteil teils verzehnfacht hat. Bisher hat man uns dort gesagt, Umweltschutz und Bio – schön und gut, aber wählen tun wir die ÖVP. Das „Handicap“, dass wir auch gesellschaftspolitisch liberale Ideen vertreten, hat in der Vergangenheit die Sympathie überwogen.

Die Themen Aufdecken und Anti-Korruption helfen da offenbar. Aber reicht das Fehlen einer Negativeigenschaft auf die Dauer im Wahlkampf?

Nein, aber in Kärnten und Salzburg war es eine Conditio sine qua non, und auf Bundesebene haben wir die Causa Buwog und die Grasser-Fälle. Aber auch sonst gehen uns die Themen nicht aus, ich denke an die Haltung des Umweltministers beim Bienensterben.

Mit Bienen gewinnt man keine Nationalratswahl.

Unterschätzen Sie die Bienen nicht, das ist höchst emotional, wie Umweltschutz generell.

Würde im Bund eine Dreierkoalition nötig, müsste man die Chance Rot-Schwarz-Grün nutzen?

Da darf man nicht egoistisch denken. Jemand muss Österreich regieren, und es braucht eine Partei, die kein Interesse hat, dass die EU scheitert.

Mitregieren wäre moralische Pflicht?

Ja.

Von Eva Glawischnig weiß man, dass sie im Zweifel der SPÖ näher als der ÖVP ist.

Ich würde mich nicht festlegen. 2002 waren wir auf Rot-Grün eingestellt, und dann war Schwarz-Grün möglich. Wir haben Wochen gebraucht, um uns auf diese Situation einzustellen. Viel zu lang.

Die Grünen sind sehr unterschiedlich: in Salzburg eher bürgerlich, in Wien forderte Maria Vassilakou eine Sieben-Euro-Mietobergrenze. Was wäre die richtige Richtung für den Herbst?

Ein italienischer Philosoph hat die grüne Ideologie einmal als „transversal“ bezeichnet, das lässt sich nicht so leicht zwischen links und rechts einordnen.

Anders gefragt: Was halten Sie von der Mietobergrenze?

Als Ökonom habe ich mich zuerst geschreckt. Aber die hohen Mieten sind ein Problem, daher ist die Debatte wichtig.

Wie wichtig war denn die Wiener Volksbefragung, die von Experten stark kritisiert wurde?

Das war kein Ruhmesblatt.

Warum hat man Ja gesagt? Der Preis der Macht?

Würde ich schon sagen. Regieren ohne zähneknirschend dem Koalitionspartner einen Wunsch zuzugestehen, geht nicht.

Rot-Grün hat Wien viele Sonderbeauftragte beschert – für Radfahrer, Fußgänger und Sie für die Unis. Als ich in der Redaktion gesagt habe, dass ich Sie interviewe, kamen zwei Fragen: Was macht der eigentlich? Ist er noch rauchfrei?

Zweitens ist beantwortet (schwenkt Zigarette). Zu erstens: Die Frage wird allen Beauftragten gestellt. Es sind eben Querschnittsmaterien, die keine MA und keinen eigenen Ausschuss im Gemeinderat haben – sicherlich ein Manko .

Sie wollten das Amt ja abgeben. Warum findet man keinen Nachfolger?

Ich finde es wichtig, dass jemand für die Sichtbarkeit von Wissenschaft und Forschung sorgt, und ich fände gut, wenn es während der Legislaturperiode jemand Jüngerer übernimmt. Ich hätte auch jemanden im Auge, aber wir konnten uns noch nicht auf eine Person einigen.

Sie selbst waren öfter als Bundespräsidentschaftskandidat im Gerede. Reizt Sie das?

Das lasse ich offen. Wenn sich nur Stronach bewirbt, dann vielleicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2013)


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