"Demjanjuk hätte im Gefängnis sterben sollen"

"Demjanjuk hätte im Gefängnis sterben sollen" (c) REUTERS (Pool)
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Dass der Nazi-Verbrecher vor einer Bestrafung gestorben ist, sorgt in Israel für Frustration.

In Israel ist der Tod des ehemaligen KZ-Wachmanns und Nazi-Verbrechers John Demjanjuk vor einer echten Bestrafung mit Bedauern aufgenommen worden. Der Nazi-Jäger Efraim Zuroff sagte der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag, Demjanjuk habe sein Leben zumindest als "schuldiger Mensch" beendet. "Ich hätte es klar bevorzugt, wenn er im Gefängnis gestorben wäre, wo er hingehörte, aber das war leider nicht der Fall".

Der Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Israel lobte "die Hartnäckigkeit der Staatsanwälte in den USA und in Deutschland, deren Einsatz sichergestellt hat, dass Demjanjuk sein Leben als schuldiger Mensch beendet hat". Demjanjuks Verurteilung könne als Präzedenzfall dienen, "der die Zahl der in Deutschland verurteilten Nazi-Verbrecher erhöhen kann".

Der in der Ukraine geborene Demjanjuk war m Samstag im Alter von 91 Jahren in einem Pflegeheim im Landkreis Rosenheim gestorben. Demjanjuk war im Mai 2011 in München der Beihilfe zum Mord an 27.900 Juden im Vernichtungslager Sobibor schuldig gesprochen und zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Anschließend wurde er auf freien Fuß gesetzt, weil das Gericht keine Fluchtgefahr sah.

"Er wurde verurteilt - aber nicht bestraft"

Der Holocaust-Überlebende Noah Klieger kritisierte, der 91-Jährige sei mit seinem Tod einer angemessenen Strafe entkommen. "Er wurde verurteilt - aber nicht bestraft", schrieb er in der Zeitung "Jediot Achronot". "Der Mörder, der dem Galgen entkommen ist und die Justizbehörden immer wieder an der Nase herumgeführt hat, ist friedlich in einem deutschen Altersheim gestorben und nicht in der Gefängniszelle, in die er gehört hätte." Demjanjuk starb am Samstag zehn Monate nach der Verurteilung in einem Pflegeheim bei Rosenheim.

In Israel war Demjanjuk 1988 zum Tode verurteilt worden. Das Urteil war jedoch aus Zweifel an seiner Identität aufgehoben worden. Der Historiker Tom Segev schrieb am Sonntag in der Zeitung "Haaretz", der Fall Demjanjuk veranschauliche wie kein zweiter "die Unfähigkeit des liberalen Justizsystems, Nazis und ihre Helfershelfer angemessen zu bestrafen". Das israelische Justizsystem habe sich damals an seine strengen Grundregeln gehalten und sei daher gezwungen gewesen, ihn entkommen zu lassen, obwohl seine Schuld deutlich gewesen sei.

Sohn sieht Demjanjuk als "Sündenbock"

Demjanjuks Sohn beschrieb seinen Vater indes als "Sündenbock". Sein Vater sei "als Opfer und Überlebender sowjetischer und deutscher Brutalität von seiner Kindheit bis zum Tod" gestorben, schrieb der in den USA lebende John Demjanjuk jr. in einer am Samstag per E-Mail verbreiteten Erklärung. Die Geschichte werde zeigen, dass Deutschland ihn "schändlicherweise als Sündenbock missbraucht hat, um hilflose ukrainische Kriegsgefangene für die Taten Nazi-Deutschlands verantwortlich zu machen".

(Ag.)

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