Kolumne "Karrierewege". In den meisten westlichen Ländern herrscht ein immer größeres Sicherheitsdenken vor. Alles muss sicher sein, vom Job über das Vermögen bis zur pünktlichen Abfahrt des nächsten Autobusses.
Diese Entwicklung ist insofern interessant, als der Wunsch nach mehr Sicherheit gerade dort am stärksten ist, wo sie ohnehin schon am größten ist. Problematisch wird das übermäßige hohe Sicherheitsdenken dort, wo sie neue Entwicklungen blockiert, die immer ein gewisses Risiko erfordern.
Die Finanzmärkte haben in den letzten Jahren gezeigt, dass es ein sicheres Sparen nicht mehr gibt. Während noch vor einer Generation mit dem Sparbuch ein finanzieller Ertrag ohne Risiko möglich war, der das Vermögen von Jahr zu Jahr ein wenig steigerte, funktioniert das heutzutage nicht mehr. Sichere Finanzprodukte werfen heute auf dem Papier nur noch minimale Zinsen ab, wenn überhaupt. Durch die Inflation verliert das Geld am sicheren Konto täglich an Wert.
Auch die sicheren Jobs gibt es schon lange nicht mehr. Konnten frühere Generationen damit rechnen, den selben Arbeitgeber ein Leben lang zu haben, und jedes Jahr auf eine attraktive Gehaltserhöhung vertrauen, wackelt heute potentiell jeder Arbeitsplatz, vom einfachen Arbeiter bis zum Vorstand. In vielen Unternehmen decken die durchschnittlichen Gehaltssteigerungen gerade einmal die Inflation ab.
Am meisten leiden beruflich jene unter der wachsenden Unsicherheit, die besonders hohe Ansprüche an die Jobsicherheit haben. Viele von ihnen klammern sich an ihrem Wunschtraum fest und tun alles, um ja nicht aufzufallen oder anzuecken. Sie opfern ihr Rückgrat der vermeintlich notwendigen Beständigkeit, statt sich einzugestehen, dass es die Sicherheit vergangener Jahre nicht mehr gibt.
Allerdings gibt es heutzutage keinen Ertrag mehr ohne ein gewisses Risiko. Auf den Finanzmärkten ist es zwar möglich, ein ertragloses Risiko einzugehen, aber Sie können heutzutage keinen risikolosen Ertrag mehr erwirtschaften. Wer etwas gewinnen will, sowohl in Finanz- als auch in Karrierefragen, kommt über ein gewisses Maß an Risiko nicht umhin.
Von niemandem wird verlangt, vom braven Mitarbeiter auf einen wilden Kamikaze umzusatteln. Der entscheidende Punkt für ein erfolgreiches Berufsleben ist das Bewusstsein über zwei Dinge:
- Es gibt keine absolute Sicherheit in Karrierefragen, geschweige denn eine Sicherheit des Arbeitsplatzes.
- Eine gewisse Entwicklung, also ein Vorankommen in der Karriere oder eine Gehaltserhöhung, sind nur möglich durch das Eingehen wohlüberlegter Risiken.
Je höher das Risiko ist, desto höher sollte der erwartete Ertrag sein. Häufig genügt aber auch das Eingehen kleiner Risiken, um größere Erfolge zu erzielen. Karriere macht häufig derjenige, der positiv aus der Masse heraussticht, das Risiko auf sich nimmt und die Verantwortung an sich zieht. Denken Sie an diese Worte, wenn das nächste Mal gefragt wird: „Und wer übernimmt die Präsentation der Ergebnisse vor dem Vorstand?“
Conrad Pramböck ist Berater und Speaker zu Gehalts- und Karrierethemen. Er leitet bei der Personalberatung Pedersen & Partners den Geschäftsbereich Compensation Consulting.
Die gesammelten Kolumnen sind im neuen Buch "Karrierewege" erschienen. Der Reinerlös des Buchverkaufs kommt Pramböcks Sozialprojekt "Ein Kinderlachen verdienen" zugute.
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