Auf der Suche nach dem „empathischen Hotel“

Das Image der Berufe in Hotellerie, Gastronomie und Tourismus ist angeschlagen. Und es kostet alle Beteiligten viel Mühe, daran zu arbeiten. An Ideen und Initiativen aber mangelt es jedenfalls nicht.

Zwei Gründe nennt Valentin Schütz, warum das Arbeiten in Hotellerie und Gastronomie für viele zu einem No-go geworden ist: das schlechte Arbeitgeberimage der Branche und die Intransparenz.

Das schlechte Image hätten die Unternehmen hochgradig selbst zu verantworten, sagt der 24-jährige Tiroler aus dem Pitztal, dessen Eltern selbst ein Hotel führen: überlange Arbeitszeiten, rauer Umgang, mäßige Bezahlung, schlechte Unterbringung, null Karriereplanung und Weiterbildung – besonders für Saisonmitarbeiter. Nicht ganz unerwähnt sollte bleiben, dass auch die Arbeitnehmervertreter mit ihren Aussagen Jobs in der Branche nicht gerade beworben haben.

Mit einer logischen Folge: Ende Oktober gab es in der Sparte Beherbergung und Gastronomie 5233 offene Stellen und 54.828 arbeitslos gemeldete Personen. Genau das hat Schütz angespornt, nicht nur zu jammern, sondern auch Lösungen anzubieten. Denn er kennt die Problematik aus dem elterlichen Betrieb. Auch dort war es trotz der vielen Arbeitsuchenden teilweise unmöglich, Stellen zu besetzen.

Während seines Studiums und der Arbeit für einen Ölkonzern in Berlin erarbeitete er einen Algorithmus: Ähnlich wie bei einer Datingplattform vergleicht gronda.eu Anforderungen und Qualifikationen und zeigt die Treffer an. Erst wenn sich das Unternehmen bei der Fachkraft beworben hat, sieht es das vollständige Profil des potenziellen Mitarbeiters, der bis dahin anonym ist.

Dem Thema Intransparenz widmet sich gronda.eu ebenfalls. Unternehmen und Mitarbeiter können sich untereinander vernetzen, Wissen austauschen und, wie Schütz sagt, „Inspiration teilen“.

Auch die Hoteliers arbeiten intensiv an der Imagekorrektur. Sabine Rothenschlager, HR-Managerin bei Arcotel, einer der größten familiengeführten Hotelgruppen Österreichs, weiß, wie schwierig es ist, Mitarbeiter zu finden. Das beginnt bei den Kanälen, über die potenzielle Mitarbeiter angesprochen werden können. Die unter 25-Jährigen seien über Facebook kaum mehr erreichbar, sondern viel eher über Snapchat. Und es reiche nicht, jungen Mitarbeitern und deren Eltern zu erklären, wie es um Verdienst und Arbeitszeiten tatsächlich stehe – nämlich besser als landläufig vermutet.

„Es geht auch darum, die junge Generation für die vielfältigen Aufgaben zu begeistern und ihnen zu zeigen, wie sie ihre Ideen einbringen und sich schnell entwickeln können.“ Und, sagt Rothenschlager: „Die Nachfrage nach Mitarbeitern in der Branche ist groß, auch die Gehälter werden weiter anziehen müssen.“ Topverdiener sind derzeit übrigens die Revenue-Manager, die hauptsächlich damit beschäftigt sind, die Zimmerpreise an die wechselnde Nachfrage anzupassen. Sie lösen die Küchenchefs an der Spitze der Gehaltspyramide ab.

Köche, Lehrlinge, IT-Experten gefragt

Die Hoteliervereinigung (ÖHV) animiert die Betriebe ebenfalls zu mehr Transparenz. Anfang Oktober organisierte sie einen Tag der offenen Tür, bei dem sich Mitarbeiter und Lehrlinge bei der Arbeit über die Schulter blicken ließen. Zudem werden via karriere-im-hotel.at auch Lehrberufe im Hotel beworben, sagt Claudia Bär von der ÖHV. Denn schließlich gebe es viele offene Lehrstellen: Derzeit sind rund 1650 sofort verfügbar, die meisten mit jeweils rund 500 in Tirol und Salzburg.

Stärker wird sich die Branche in Zukunft neben Lehrlingen und qualifiziertem Küchenpersonal um Mitarbeiter bemühen müssen, die nicht direkt mit den Gästen zu tun haben: um jene, die die Digitalisierung vorantreiben, also Suchmaschinenwerbung optimieren oder Responsive Sites programmieren.

Trotzdem, sagt Matthias Koch, Chef des Fachverbands Hotellerie in der Wirtschaftskammer, wird es künftig auf eines ganz besonders ankommen – auf die Gastgebermentalität. Mit anderen Worten: Empathie wird ausschlaggebend sein. Dafür sind empathische Mitarbeiter gesucht. Und diese wiederum verlangen nach einer empathischen Unternehmenskultur.

Wenn es nämlich nicht gelingt, das „empathische Hotel“ zu schaffen, dann könnten auch Roboter die Arbeit übernehmen. So wie es probeweise im belgischen Ghent Marriott Hotel der Fall ist. Mario heißt der humanoide, sechs Kilo schwere Roboter, der Gäste in 19 Sprachen begrüßt, ihnen beispielsweise die Schlüsselkarten überreicht oder ein Taxi für sie organisiert. Und längst sind in Hotels und Restaurants auch andere Roboter im Einsatz: im Zimmerservice, als Gepäckträger, als Getränkemixer und sogar als Kellner.

(Print-Ausgabe, 26.11.2016)

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