Auf die Begeisterung kommt es an

Porträt. Transparenz und Gerechtigkeit sind Bettina Knötzl ein Anliegen. Die Londoner Law Business Research hat sie unter die zehn weltweit wichtigsten Juristen gewählt. Von Michael Köttritsch

Zur Person

Es ist eine besondere Auszeichnung. Die renommierte Londoner Law Business Research listet Bettina Knötzl unter den „Most highly regarded individuals 2014“ und würdigt die 47-Jährige als „True Star“. Das hat speziellen Wert, weil die Reihung aus der Befragung von Marktteilnehmern, Mandanten und anderen Anwälten resultiert. Die Partnerin bei Wolf Theiss Rechtsanwälte bleibt dennoch bescheiden. „Es ist eine schöne Bestätigung für die jahrelange Arbeit eines tollen Teams. So etwas erreicht man nicht allein.“ Und fügt hinzu: „Es löst sehr viel Dankbarkeit an das Team aus.“

Ihr Team von mittlerweile 60 Mitarbeitern hat die Expertin für Schlichtung von komplexen Wirtschaftsstreitigkeiten mit Bedacht zusammengestellt. Junge Menschen, die eine Anwaltskarriere anstreben, brauchen zuallererst Talent: „Da sollte jeder in sich hineinhören, wo die Neigungen liegen und wofür man sich wirklich begeistert.“ Denn darin sieht sie den Unterschied zwischen erfolgreichen und sehr erfolgreichen Menschen: die Begeisterung für die Sache, Herzblut und Freude an der Arbeit. „Es gibt keinen Tag, an dem ich ungern ins Büro gehe“, sagt sie über sich selbst. 

Alles beginnt für Knötzl mit einem hoch gesteckten Ziel, bei dem nicht von vornherein klar ist, ob es erreichbar ist. Als sie sich nach ihrer Zeit als Assistentin am Wiener Juridicum und als Juristin bei der Bank Austria im Jahr 1993 entschloss, selbstständig und Anwältin zu werden, waren Schlichtung und Schiedsgerichtsbarkeit in Österreichs Anwaltsszene noch Fremdworte. Diese Spezialisierungen wurden damals auch noch nicht wertgeschätzt. Knötzl etablierte diesen Bereich bei Wolf Theiss, andere Kanzleien in Wien zogen mit. „Der Schlüssel war, früher da zu sein als der Rest des Marktes. Wir haben sehr früh ein White-Collar-Team eingeführt und Strafrechtler beschäftigt, zu einer Zeit, als die Konkurrenz gesagt hat: Um Gottes willen, ihr macht Strafrecht.“ Heute ist das eine Selbstverständlichkeit.

„Ich halte das Konfliktlösen und das Streiten vor Gericht für tolle Herausforderungen“, sagt Knötzl, die auch Mediatorin ist. Dafür braucht es spezielle Skills: „Einen Zeugen gut zu befragen, ist nicht etwas, das man einfach kann.“ Es sei wie bei Sängern: Wer eine gute Stimme habe, werde trotzdem nur mit viel Training an die Spitze kommen. Neben Talent und Fleiß brauche es zum Erfolg immer auch Glück, sagt sie.

In eine Männerdomäne einzudringen war für sie nie ein Thema: „Ich habe das mehr oder weniger ignoriert.“ Es gebe schon Momente, in denen sie sehe, dass es Frauen schwerer haben. Doch Knötzl relativiert: „Fairerweise muss ich sagen: Wir haben es manchmal auch leichter.“ Sie nennt ein Beispiel: Sie sei in der International Bar Association sehr aktiv. Bei der Jahreskonferenz dieser Anwaltsvereinigung, die 2015 in Wien stattfinden wird, treffen 5000 Anwälte aufeinander. Da sei es natürlich einfacher, als Frau aufzufallen und in Erinnerung zu bleiben.

„Österreich soll Vorreiter sein“
In einer anderen Männerdomäne hatte sie sich schon als Teenager behauptet. Im Dom ihrer Heimatstadt St. Pölten setzte sie als 15-Jährige durch, dass auch Mädchen aus der Heiligen Schrift vorlesen durften. Überhaupt ist ihr wichtig, an etwas zu glauben. Das gebe Stabilität, daraus schöpfe sie – genauso wie aus ihrer Familie – Kraft. Gerechtigkeit, Gleichbehandlung und Gemeinschaft sind ihre zentralen Anliegen. Deshalb ist sie seit 2011 für Transparency International aktiv und folgte heuer Franz Fiedler als Präsidentin des Austrian Chapter nach.

Knötzl sieht keinen Widerspruch darin, etwa als Anwältin in Korruptionsfällen zu arbeiten. „Das eine ist der Wunsch, die Gesellschaft zu verbessern. Österreich sollte als reiches Industrieland Vorreiter und nicht Herd der Korruption sein.“ Das andere sei das Recht, jemandem, der einen Fehler gemacht hat, die bestmögliche Verteidigung zukommen zu lassen.

Dabei lege sie viel Wert auf die Arbeit im Team. „Es ist unglaublich, wie viel mehr Kreativität gemeinsam entsteht.“ Daher führte sie regelmäßige Treffen ein. „In den Meetings lernen die Jungen von Älteren, sie trauen sich viel schneller mitzureden, bekommen Sicherheit – darin liegt viel Kraft.“ 

Das Miteinanderreden ist für Knötzl der Schlüssel. Gerade auch, wenn es um Führung geht. „Ich habe Strukturen eingerichtet, damit jeder auf seinem Level das Gefühl hat, einbezogen zu sein und dazuzugehören.“ Darin zeige sich gutes Management, zu dem sie sich als Partnerin verpflichtet fühlt: „Management funktioniert dann gut, wenn die Leute, die es betrifft, es gar nicht so sehr merken.“

Bettina Knötzl (47), Partnerin bei Wolf Theiss Rechtsanwälte, gilt als ausgewiesene Expertin für die Schlichtung von komplexen Wirtschaftsstreitigkeiten und für Wirtschaftsstrafrecht. Als Anwältin vertrat sie u. a. die Salzburger Sparkasse im WEB-Skandal oder die Bawag PSK im Linzer Swap-Prozess. Seit heuer ist sie Präsidentin des Austrian Chapter von Transparency International.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2014)

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