Mangelberufe

Wer lotst den Flieger, wer lenkt den Zug?

Marin Goleminov
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Im öffentlichen Verkehr fehlt Personal: Die ÖBB suchen bis zu 10.000 Mitarbeiter. Auch die Austro Control und die Wiener Linien bereiten sich auf eine baldige Pensionswelle vor.

Wie kommt man vom Karlsplatz nach Oberlaa, wenn keiner die U-Bahn steuert? Wie von Wien nach Graz, wenn Lokführer und Busfahrer fehlen? Und wie von Österreich in den Sommerurlaub, wenn Fluglotsen keine Anweisungen geben?

Im öffentlichen Verkehr fehlen Mitarbeiter. Jedes Jahr sucht die Austro Control bis zu 1000 Bewerber, um die 40 Ausbildungsplätze für Fluglotsen füllen zu können. Die Wiener Linien brauchen rund 300 neue Mitarbeiter, den Großteil davon im Fahrdienst. Bei den Österreichischen Bundesbahnen sei der Mangel sogar noch größer, sagt CEO Andreas Matthä: „Die ÖBB befinden sich mitten in einem Generationenwechsel. Ein Viertel des Teams geht in den kommenden Jahren in Pension. Deshalb suchen wir in den nächsten Jahren bis zu 10.000 Mitarbeiter. Im Moment haben wir mehr als 300 Positionen ausgeschrieben.“

Die Pensionswelle der Babyboomer (geboren in den 1950er- und 1960er-Jahren) betrifft viele Branchen, so auch die Fluglotsen: „Wir haben zwar aktuell keinen akuten Mangel, aber wenn viele in Pension gehen, müssen wir nachbesetzen. Außerdem wollen wir aufstocken“, sagt Markus Pohanka von der Austro Control. „Allerdings ist es nicht leicht, genug Bewerber zu finden, die die Aufnahme und die Ausbildung schaffen.“ Das Auswahlverfahren ist sehr anspruchsvoll: Neben Matura und guten Englischkenntnissen sollen Bewerber konzentriert arbeiten und rasch entscheiden können. Sie müssen multitaskingfähig, stressresistent und auch aus medizinischer Sicht tauglich sein – ähnlich wie Piloten.

Wer den Computertest und das Assessment-Center bestanden hat, darf die rund dreijährige Ausbildung beginnen. Der Job selbst ist fordernd, aber abwechslungsreich, sagt Pohanka: „Als Fluglotse trägt man viel Verantwortung, weil man dafür sorgen muss, dass kein Flugzeug einem anderen zu nahe kommt. Der Job ist aber spannend, weil es immer neue Herausforderungen gibt – einmal ein Gewitter, einmal eine vorzeitige Landung.“ Für die hohe Verantwortung werden Fluglotsen auch bezahlt: 5000 Euro beträgt das Einstiegsgehalt. Die Lotsen haben bis zu zwölf Stunden Dienst. Nach eineinhalb bis zwei Stunden machen sie eine halbe Stunde Pause, um immer voll konzentriert zu sein.

Auf Mitarbeitersuche sind auch die Wiener Linien, die angesichts des Personalmangels Teilzeitjobs für Straßenbahn- und U-Bahn-Fahrer anbieten. Bewerben können sich alle ab 21 Jahren, bei Busfahrern liegt das Mindestalter bei 24 Jahren. Die Fahrschüler erhalten eine mehrmonatige Ausbildung mit technischem Wissen, Fahrpraxis, Kundenservice, einem Erste-Hilfe-Kurs und einer Deeskalationsschulung. Neben Mitarbeitern im Fahrdienst brauchen die Wiener Linien auch Facharbeiter für die Werkstätten sowie Mitarbeiter im Sicherheitsdienst.

Auch die ÖBB suchen quer durch alle Bereiche nach neuen Köpfen: Von Lokführern, Verschiebern und Busfahrern bis hin zu Bauingenieuren und Mitarbeitern für digitale Services und Hightech. Die Anforderungen hängen vom Job ab: Lokführer müssen über ein gutes Gehör und eine gute Sehleistung verfügen sowie körperlich fit sein. Für Bauingenieure ist ein HTL-Abschluss Grundvoraussetzung. Idealerweise bringen sie auch Berufserfahrung mit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2019)

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