Bewerbungsvideos: Sei, wie du bist

Recruiting. Nach den ganz jungen werden auch reifere Bewerber immer öfter aufgefordert, sich mit einem Video zu präsentieren. Das lässt Rückschlüsse zu – für beide Seiten.

Im Bus, auf dem Weg nach Bad Hall, fiel es Elisabeth Stuppnig (26) siedend heiß ein: Sie musste noch ein Video für ihre FH-Bewerbung drehen. Schlimmer noch: Sie musste es bis Mitternacht hochladen. Da lief die Einreichfrist für ihr Wunsch-FH-Studium, Journalismus und Neue Medien, ab. Doch gerade jetzt war die nebenberufliche Chorsängerin unterwegs zu einer Kostümprobe für „Das Land des Lächelns“.
So leicht wirft eine künftige Journalistin nicht die Nerven weg. Stuppnig notierte sich ein paar Stichworte, drückte einer Kollegin das Handy in die Hand und ließ sich im Bühnenkostüm filmen. Dabei erklärte sie, warum sie das Masterstudium unbedingt machen wollte. Das Video war improvisiert, fröhlich und sehr authentisch. Stuppnig bekam den Platz.

Elisabeth Stuppnig: improvisiertes Bewerbungsvideo im Kostüm von „Land des Lächelns“. Sie bekam den Platz.
Elisabeth Stuppnig: improvisiertes Bewerbungsvideo im Kostüm von „Land des Lächelns“. Sie bekam den Platz. [ Clemens Fabry ]

Hauptsache, echt & authentisch

Ganz anders ging die heutige Steuerassistentin Theresa Koch (24) an die Aufgabe heran. Die WU-Studentin hatte sich um einen der begehrten Trainee-Plätze in der Deloitte Tax Academy beworben. Ihr wurde ein E-Mail mit einem Link zugeschickt: „Nehmen Sie sich doch bitte auf, wenn Sie uns ein paar Fragen beantworten.“ Koch nahm die Aufgabe sehr ernst. Sie mietete einen stillen Raum an der Uni („Damit nicht womöglich jemand durchs Bild hüpft“) und sprach ausgefeilte Statements in die Kamera. Die größte Schwierigkeit, sagt sie, war, „freundlich dreinzuschauen, wenn man keiner realen Person gegenübersitzt.“

Um es kurz zu machen: Auch Koch bekam den Platz. Denn beide Frauen erfüllten intuitiv die wichtigste Forderung solcher Videos: echt und authentisch zu sein.

Junge, aber auch ältere Bewerber werden immer öfter aufgefordert, sich per Video zu präsentieren. Sechs von zehn Personalisten arbeiteten so, fand die Right Management Beratung heraus, aber nur 18 Prozent der Bewerber kamen der Aufforderung nach. Bei reiferen Kandidaten löst sie leicht Unsicherheit aus. Dabei will der Recruiter nur wissen, wie man mit modernen Technologien umgeht, vor allem, wenn sie für den Job wichtig sind.
Schauen wir uns doch einmal seine Intentionen an:

Warum Videos? Weil sie neue Eindrücke und Blickwinkel auf den Bewerber eröffneten, sagt Maria Eder, Deloitte HR Business Partnerin Tax, die auch Theresa Koch einstellte: „Weil der Lebenslauf nur ein Stück Papier ist.“

Wer bekommt die Einladung? Man versetze sich in die Lage des Recruiters: Auf eine attraktive Position bekommt er locker 100 Bewerbungen. Eine solche „abzuscannen“, kostet Profis nur ein paar Sekunden. Geschriebenes sagt aber wenig über die Persönlichkeit aus. Daher schickt der Recruiter an die 30 Vielversprechendsten einen Link mit der Einladung zum Video. Zwar kostet ihn auch das Anschauen der Videos Zeit (etwa 5 Minuten pro Stück), telefonische oder persönliche Interviews würden aber weit länger dauern.

Was können Bewerber aus der Einladung herauslesen? Erstens, das Unternehmen will modern und innovativ sein. Zweitens: Wie kommuniziert es? Per bürokratischer Handlungsanweisung oder freundlich und entkrampfend? Im Idealfall gibt es eine kurze Willkommenssequenz, in der sich der Recruiter selbst vorstellt und Hinweise auf Stil und Umgangston gibt.

Wie wichtig ist die Technik? Gar nicht wichtig. Schlimmer als ein technisch misslungenes Video ist es, gar keines zu schicken, weil das an Mut und Experimentierfreude zweifeln lässt. Merkmale wie Offenheit, Engagement und Eloquenz hingegen blitzen auch bei schlechter Technik durch.

Wie geht es weiter? Videos sind meist der zweite Schritt im Bewerbungsprozess. Im dritten Schritt werden die Besten zum persönlichen Interview eingeladen. Allen anderen wird (hoffentlich) in einem Absageschreiben für ihre Mühe gedankt.

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