Trampolin-Springer

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Wie man elegant von einem befristeten Praktikum in eine lebenslange Karriere hüpft.

Es funktioniert in jeder Branche: das Praktikum als Trampolin zur Dauerstelle zu benutzen. Wir wollen solchen Trampolinspringern ein paar Gedanken mitgeben. Die folgende Karrieregeschichte kann Ihnen Umwege ersparen.

Eleonora Kernmayr-Farr war eine solche Trampolinspringerin. Als Kind wollte sie Richterin werden. Deshalb begann sie neben IBWL auch mit Jus. Ihre erste Gerichtsverhandlung „in echt“ gefiel ihr, das Studium weniger. Weshalb sie sich bald nur mehr auf IBWL konzentrierte. Während sie ihre Diplomarbeit schrieb, fand sie, es wäre Zeit für einen Job.

Aber welchen? Die Richtung war noch nicht klar. An eine Dauerstelle wagte sie sich nicht heran. Also doch lieber ein Praktikum. Zwei standen zur Auswahl. Ein klassisches im Produktmanagement von Julius Meinl, das super zu ihrem Studium passte. „Nett hier“, dachte sie, als man sie durch die Gänge führte.

Das zweite war bei eBay. „Ich bin durch die Tür gekommen und es hat Zoom gemacht. Ich wusste, das ist meine Welt.“ Die Atmosphäre, das Quirlige, das Lebendige: Hier gehörte sie hin. Da hatte sie noch keine Ahnung, was ihre Arbeit sein würde.

Was Ihnen das sagt. Schauen Sie sich um. Firmen, Branchen, Gerichtssäle, auch Plätze, die (vermeintlich) nicht in die engere Wahl kommen. Manchmal passieren genau dann Dinge, mit denen Sie nicht gerechnet hätten.

Wie macht man eigentlich Karriere?

Kernmayer-Farr war also hingerissen. Ihr war sogar der für ein Praktikum atypisch aufwendige Bewerbungsprozess egal. Jedes Mitglied des damals zwölfköpfigen Österreich-Teams von eBay wollte sie sehen, erst dann bekam sie den Zuschlag.

Sie blieb acht Monate und bereute keine Sekunde. Danach wusste sie, es musste etwas Technisches sein. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, wie gern sie als Kind mit ihrem Vater kaputte Elektrogeräte repariert hatte. Bloß dass sie das nie mit einem Beruf in Verbindung gebracht hatte.

Als sie mit ihrer Diplomarbeit fertig war, war die Richtung klar: Jus und IBWL waren vergessen, sie wollte eine Dauerstelle im Onlinebereich. Eine Anstellung bei Geizhals.at war rasch gefunden. Da gab es viel zu tun: die Website optimieren, sie weiterentwickeln, neue Geschäftsmodelle austüfteln. Karriere machen halt. Wie man das macht? Keine Ahnung. Wie soll das ein Neuling auch wissen? Aber die alten Hasen wissen es.

Kernmayer-Farr hatte Glück. Ihre Chefin coachte sie: „Sie war taff und gleichzeitig empathisch. Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich heute bin.“ Die Chefin führte sie nicht nur fachlich (das ist ihr Job), sie nahm sie auch in menschlichen Belangen an der Hand. „Ich wusste bei vielen Themen nicht, wie man an sie herangeht. Und wie ich dabei wahrgenommen werde.“ Ein häufiges Problem: Man sieht sich selbst anders als die anderen. Und eckt dabei an.

Was Ihnen das sagt. Selbstbild und Fremdbild klaffen oft weit auseinander (nicht nur bei jungen Menschen). Lassen Sie es zu, dass Ihnen jemand einen Spiegel vorhält. Oft ist zu hören, man solle sich einen Mentor suchen. Gute Idee, aber es geht einfacher. Jeder Chef, jeder erfahrene Kollege kann das übernehmen. Haben Sie keine Angst, sich eine Blöße zu geben! Beziehungen entstehen erst, wenn man sich öffnet. Und die meisten Menschen meinen es tatsächlich gut. Unsere Trampolinspringerin hat einen pragmatischen Zugang: „Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Vorher weiß ich etwas nicht. Wenn ich nicht frage, werde ich es nie erfahren. Wenn ich aber frage, ich die Chance riesig, dass ich etwas lerne.“

Wohin jetzt?

Es kommt der Moment, da man meint, alles zu können. Spätestens dann sollte man sich etwas Neues suchen. (Außer man ist mit dem Erreichten völlig zufrieden und steckt seine Energie lieber in private Themen. Auch das ist okay. Nur bewusst sollte es einem sein.)

Kernmayer-Farr, inzwischen versierte Business-Developerin, war klar, dass sie in der Onlinebranche bleiben wollte. Logischer nächster Schritt: ein Konzern. Und ein paar Jahre später der logische übernächste Schritt: ein junges, bewegliches Start-up.

Was Ihnen das sagt. Erkennen Sie das Muster? Die ersten Karriereschritte sind meist tastend, suchend. Hat man seinen Platz gefunden, will man dort nach oben. „Ganz oben“ steht bei den meisten die Konzernkarriere. Die hat Vor-, aber auch Nachteile. Also pendeln viele als Nächstes zum Gegenteil, dem kleinen, dynamischen Start-up. Und was kommt dann?

Nach oben, immer weiter

Heute, zehn Jahre nach ihrem Praktikum, ist Kernmayr-Farr bei Klarna, einem großen schwedischen Online-Zahlungsanbieter. Der nächste Schritt ist oft der internationale. Sie startete im technischen Vertrieb, erst nur für Österreich, dann für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Mittlerweile arbeitet sie global. Ihr Jobtitel: Head of Global Partner Sales Engineering.

Was Ihnen das sagt. Auch dahinter steckt Karrierelogik. Wer noch weiter nach oben will, muss irgendwann in seiner Karriere im Verkauf gearbeitet haben. Denn, so heißt es, nur wer die Kunden versteht, versteht das Geschäft. Wenn Kernmayer-Farr heute für ihr inzwischen internationales Team rekrutiert, sind ihr Zeugnisse und Noten übrigens egal. „Ich schaue nur auf die Einstellung“, sagt sie. Weil alles andere könne man lernen. Nur der Wille, der Wunsch nach Leistung, „der muss da sein“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2018)

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