„Ohne Netzwerk gibt es keine Karriere“

Porträt. Wer denkt bei Friedhof und Bestattung schon an Digitalisierung? Beatrix Czipetits arbeitet für die Wiener Stadtwerke mit Hochdruck daran. Und gibt Einblick in eine unerwartet zeitgemäße Welt.

"Du sollst es einmal besser haben.“ Das haben ihr die Eltern gesagt, damals in der 700-Seelen-Gemeinde Nikitsch im kroatischen Teil des Burgenlands. „Wenn du einen Fernseher für dein Zimmer willst, musst du dafür arbeiten.“ Beatrix Czipetits nahm diese Worte ernst. Ihr erstes Geld verdiente sie als Tabakpflückerin (in den 1990er-Jahren wurde im Burgenland noch Tabak angebaut). Disziplin und Fleiß hat sie daheim gelernt.

Sie war die Erste in ihrer Familie, die maturierte (Notenschnitt 1.0, so nebenbei). Die Erste, die studierte. Zuerst Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der FH Eisenstadt (mit ausgezeichnetem Erfolg), dann Wirtschaftspädagogik an der WU Wien (ebenfalls mit ausgezeichnetem Erfolg). Als sie an der WU begann, arbeitete sie schon Vollzeit bei den Wiener Stadtwerken. Zu den zahlreichen Unternehmen, aus denen die Stadtwerke bestehen, gehören auch Bestattung und Friedhöfe Wien. Deren Geschäftsführerin ist Czipetits seit 2015.

Leute kennen

In ihrer Heimatgemeinde kannte sie jeden: den Bäcker, den Pfarrer, den Lehrer, die Bauern. Nun, in der Stabsstelle Organisation direkt unter der Geschäftsführung, hält sie es genauso. Man muss die Leute kennen, sagt sie. Und sie müssen einen kennen. Wo lernt man die Leute kennen? Im Ausbildungszentrum der Stadtwerke. Unzählige Fach- und persönlichkeitsbildende Kurse habe sie dort schon abgelegt. Und darüber alles und jeden im Konzern kennengelernt. Ohne Netzwerk gibt es keine Karriere, davon ist sie zutiefst überzeugt. Das war auch ihr Motiv für den Lehrgang „Zukunft.Frauen“: „Vor Jahren habe ich in der „Presse“ ein Porträt der Personalchefin der Wiener Linien gelesen. Sie machte diesen Kurs gerade und schwärmte vom Netzwerk der Teilnehmerinnen. Das war mein Auslöser.“

Der Friedhof wird digital

Nach einigen Stationen im Konzern, immer in Finance, IT und Organisation, übernahm sie vor zwei Jahren die Bestattung und Friedhöfe GmbH. Diese war gerade in ein neues Gebäude direkt am Zentralfriedhof gezogen. Endlich konnten alle fünf Bereiche – Friedhöfe, Bestattung, Krematorium, Sarglogistik und Tierfriedhof – unter einem Dach zusammenarbeiten. Die Chefin organisierte sie neu und etablierte den One-Stop-Shop-Gedanken: „Ein Trauernder ist in einer Ausnahmesituation. Da muss ihm gegenüber jemand sitzen, der ihn in allem berät, von der Parte bis zum Amtsweg.“
Wie alle andere Branchen erkennt sie den starken Trend zur Individualisierung: Wald- oder Baumbestattung, von Kindern bemalte Särge, Totenmasken, Wunschredner, -musik, Urnen für das Wohnzimmer: „Wenn es machbar ist, machen wir es.“ Obwohl sie von Urnen für zu Hause abrät: „Da nimmt man nie Abschied.“

Wer sagt, dass Friedhof und Digitalisierung nicht zusammenpassen? Daran arbeitet Czipetits mit Feuereifer. Da gibt es die App „Grabfinder“, mit der man die Gräber seiner Lieben sogar auf dem weitläufigen Zentralfriedhof findet. Eine andere App, mit deren Hilfe man freie Grabstellen aufspüren und für sich reservieren lassen kann („wie im Flugzeug“), ist gerade im Entstehen. Auf dem Grabstein kann man einen QR-Code anbringen lassen, der zur Homepage des Verstorbenen führt und Wichtiges über dessen Leben erzählt. Auf Wunsch kümmern sich die Mitarbeiter sogar um den digitalen Nachlass, schließen Facebook-Profile oder holen Guthaben von Wettplattformen zurück: „Ich würde mir wünschen, dass sich die Menschen früher Gedanken machen, wie sie begraben werden wollen. Die Hinterbliebenen wissen das oft nicht.“
Ihr persönliches nächstes Ziel ist der Abschluss ihres MBA in Leadership & Management. Weiterentwicklung ist ihr wichtig: für künftige Herausforderungen.

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