Wir basteln eine neue Hotelgruppe

Strategie. Bei Boston Consulting lernte Michael Struck analytisches Denken. Jahre später entwarf er mit
seinen Ruby Hotels einen neuen Hoteltypus, der die üblichen Branchenkennzahlen aufmischt.

Was macht ein Berater, der nicht mehr beraten will? Er heuert in der Wirtschaft an. So weit, so üblich. Doch bei Michael Struck brach die Liebe zur Strategie immer wieder durch. Nach lehrreichen Jahren im Hotel- und Immobilienmanagement entwarf er ein Hotelkonzept ganz nach seinem eigenen Geschmack.
Fünf Jahre später: Struck sperrt gerade sein achtes Hotel auf, das Ruby Lissi am Wiener Fleischmarkt. Ein oder zwei Häuser will er pro Jahr in Europa eröffnen. Eben hat Asien angerufen. Auch dort gibt es günstige Liegenschaften . . .
Das ist die Kurzform der Geschichte hinter den Ruby Hotels. Was uns hier interessiert, ist die Strategie, nach der Struck seine Gruppe entwarf (er selbst spricht lieber von einer Philosophie).

Weglassen, was nicht notwendig ist

Beginnen wir mit der Außenwahrnehmung. Strucks Vision lautet „Lean Luxury“, schlanker, aber bezahlbarer Luxus für die Vier-Stern-Klientel. Kernfrage: Wie macht man Luxus bezahlbar? Antwort: Indem man alles weglässt, was der Gast ohnehin nicht nützt. Dieser Ansatz zieht sich konsequent durch alle Bereiche.
Zuerst bei der Lage: Keine teuren Innenstadtflächen, es genügt, wenn die City zu Fuß erreichbar ist. Kein ganzes Haus, ein paar Stockwerke reichen auch (wie bei der Ruby Marie im früheren Stafa-Gebäude auf der Mariahilfer Straße). Kein neu erbautes Haus, bestehende sind preiswerter und hätten „so eine charmante Patina“.

Tricks aus dem Jachtbau

40 Prozent der Kosten eines Hotels seien auf die Fläche zurückzuführen, sagt Struck: Immobilie, Instandhalten, Heizen, Beleuchten, Reinigen. Also weg mit allen Flächen, die nichts bringen. Die meisten Gäste hielten sich ohnehin nur zum Schlafen in ihren Zimmern auf, also wäre die Qualität des Betts entscheidend (in die wurde reichlich investiert).
Dafür wurde bei der Zimmergröße deutlich gespart. Aus dem Jachtbau übernahm Struck innenarchitektonische Tricks, die Zimmer optisch größer wirken lassen: helle Farben, strukturierte Materialien, große Spiegel, eine Duscheinheit, die mit transparenten Glaswänden statt festen Mauern vom Raum getrennt ist. Wer beim Duschen nicht gesehen werden will, zieht die Vorhänge vor. Oder schaut von der Dusche aus auf dem stylishen Tablet-PC fern.
Minibar? Wird kaum benutzt, ist aber teuer und aufwendig beim Nachfüllen – weg mit ihr. An ihrer statt findet der Gast in jedem Stockwerk eine hübsche Station mit kostenlosen Heiß- und preisgünstigen Kaltgetränken sowie gesunden Snacks. Roomservice? Verlangt nur ein Prozent der Gäste, also weg damit.

Einsparungen beim Personal

Hinter allem steht der Denkansatz: Was sich nicht rechnet, wird durch edles Gleichwertiges, aber Kostengünstigeres ersetzt. Buchung (nur zwei Preisgruppen) und Check-in erfolgen ausschließlich online. Der digitalen urbanen Gästegruppe gefällt's. Struck aber spart Personal und wickelt Buchung und später Rechnungslegung für beliebig viele Häuser zentral ab (Skaleneffekt!).
Restaurants sind obsolet, weil der Gast in diesen Lagen ohnehin viel Gastronomie findet. Sucht er Anschluss, hat er ihn an der Bar (die gibt es). Das Frühstück ist einfach, aber gesund. Vorbereitet wird es von nächtlichen Servicemitarbeitern, die auch an der Rezeption helfen, den Tagesabschluss vorbereiten und die Snackstationen auffüllen. Müßig zu erwähnen, dass solch vielseitiger Personaleinsatz die Kosten gering hält. Beim Check-out wirft der Gast seine Keycard ein und geht.

Ein Jahr, sagt Struck, und nur 40 Prozent Auslastung brauchen seine Häuser, um in die Gewinnzone zu kommen. Zum Vergleich: Herkömmliche Häuser seiner Klasse benötigen drei Jahre und mindestens 60 Prozent Auslastung. Da hat es sich doch gelohnt, Unternehmensberater gewesen zu sein.

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