„Man braucht das Gründergen“

Florian Gschwandtner (l.) und Moritz Lechner
Florian Gschwandtner (l.) und Moritz Lechner(c) 2015, Runtastic GmbH
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Entrepreneure. Florian Gschwandtner und Moritz Lechner sind Gründer – mit relativ großem Altersunterschied. Was sie verbindet: die Begeisterung, mit ihren Ideen die Welt zu verändern.

Der eine gründete 2009 mit drei Studienkollegen Österreichs bislang erfolgreichstes Start-up, verkaufte es 2015 für 220 Millionen Euro und zieht sich nun ganz aus seinem Unternehmen zurück. Der andere startete vor zwei Jahren und arbeitet gerade massiv an der Skalierung seiner Idee. Der eine, Florian Gschwandtner, 35, steigt mit Jahresende bei der Fitness-App Runtastic aus und hat für die kommenden Monate erst einmal den Plan, keinen Plan zu haben. Der andere, Moritz Lechner, 15, ist Österreichs jüngster Gründer, der heute das Crowdfunding für Freebiebox (crowd.freebiebox.eu) startet. Die Überraschungsboxen, die er vertreibt, sind mit Werbeartikeln und Gadgets verschiedener Unternehmen – individuell nach den Vorlieben der Kunden, die zuvor einen Fragebogen beantwortet haben – gefüllt.

So unterschiedlich Lechner und Gschwandtner und die Lebensphasen, in denen sie sich befinden, auch sein mögen, so ähnlich denken sie über Start-ups und Entrepreneurship. Das Team, sagen sie, sei entscheidend. Er habe zwar allein begonnen, sagt Lechner: vor zwei Jahren, inspiriert von TV-Shows wie „2 Minuten, 2 Millionen“, einem Praktikum bei einem auf Venture-Capital spezialisierten Unternehmen, das er mit zwölf Jahren absolvierte, mit 100 Euro und YouTube-Tutorials zum Thema Webprogrammieren.

Wenn es ans Umsetzen gehe, sei aber das Team wichtig. „Das Leben in und für Start-ups ist ein ständiges Auf und Ab“, sagt Gschwandtner. „In Wachstumsphasen ist es gut, verschiedene Kompetenzen im Team zu haben, und in Bergabphasen ist es gut, wenn man Partner hat, die einen stärken und auf die man sich verlassen kann.“ Man müsse wissen, was jemand kann und was nicht. „Es funktioniert nicht, wenn nur Alphas im Team sind, es braucht eine Rollenverteilung.“ Idealerweise jemanden, der kommuniziert, jemanden, der von der wirtschaftlichen, jemanden, der von der technischen Seite eine Ahnung hat.

Keine Sache für jedermann

Lechner hat ebenfalls ein Team aufgebaut, Partner eingeladen und Whatchado-Ko-Gründer Kambis Kohansal Vajargah als Geschäftsführer engagiert – auch, weil er rechtlich gesehen dafür zu jung ist. „Man braucht“, sagt Gschwandtner, „das Gründergen.“ Denn Gründen ist nicht etwas für jeden – früher habe er das anders gesehen. „Heute weiß ich, es kann nicht nur Gründer geben, wir brauchen auch gute Mitarbeiter.“ Man müsse als Gründer das Ungewisse aushalten und durchhalten, sagt Lechner, der Schüler der Schumpeter-Handelsakademie mit Schwerpunkt Entrepreneurship ist. „Es ist kein Job von neun bis 17 Uhr. Man ist rund um die Uhr Start-up, auch während ich in der Schule bin, getragen von der Hoffnung, dass es ein großes Unternehmen wird.“ Aber beide hatten schon früh gewusst: Ich will Unternehmer werden.

Viel habe sich in den vergangenen Jahren geändert, sagt Gschwandtner: „Das Ökosystem ist besser als bei unserer Gründung, und man wird auch nicht mehr belächelt.“ Aber es sei noch nicht gut genug. Zwar gebe es heute mehr Anlaufstellen, und auch in den Medien ist viel mehr von Start-ups zu lesen. Gründer seien aber immer noch mit Hürden konfrontiert. Gründen sei weiter kompliziert, auch die GmbH light laufe holprig an. „In der Zeit, die wir so verlieren, kann der internationale Mitbewerb schon arbeiten.“

Was Gschwandtner fast noch mehr Sorgen bereitet: Es fehlen gute Mitarbeiter besonders im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint). „Programmieren wäre als dritte Fremdsprache wichtig. Es muss ja nicht jeder programmieren können, aber jeder sollte ein Gefühl dafür haben, nach welcher Logik Software funktioniert.“

Es geht um Daten

So sehr sich technologielastige Start-ups wie Runtastic und solche wie Freebiebox, die physische Produkte vermarkten, unterscheiden, letztlich gehe es um Daten. Daten, durch die den Kunden die richtigen Produkte zum richtigen Zeitpunkt – am besten in einem Abonnement – geliefert werden. Mit den Mitteln aus dem Crowdfunding will Lechner neue Themenboxen (Kids, Tech, Pets) anbieten. Und anhand der Daten werde Freebiebox Kunden nicht nur mit bestehenden Werbegadgets beliefern, sondern den Unternehmen sagen, mit welchen Gadgets sie ihre Zielgruppen optimal erreichen könnten, denkt Gschwandtner weiter.

ZU DEN PERSONEN

Florian Gschwandtner (35) gründete 2009 Österreichs erfolgreichstes Start-up, die Fitness-App Runtastic. Sie wurde 2015 für 220 Millionen Euro an Adidas verkauft. Im September erschien seine Biografie: „So läuft Start-up“.Moritz Lechner (15) gründete das Start-up Freebiebox, das Überraschungsboxen mit individuell ausgewählten Werbeartikeln und Gadgets verschiedener Unternehmen vertreibt und heute eine Crowdfunding-Kampagne startet.runtastic.com/blog; crowd.freebiebox.eu

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2018)

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