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Wie radikale Innovation gelingt

Jean-Philippe Hagmann
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Neue Serie (1/8). Super Idee, ins Silicon Valley zu fahren. Toll, ein Innovation Lab aufzumachen. Chic, eine Ideensoftware einzuführen. Nur leider bringt das wenig.

Der Schweizer Jean-Philippe Hagmann ist ein sanfter Querdenker. Sanft, weil er seine Ideen so unaufgeregt wie unaufdringlich vorstellt. Querdenker, weil er sich nicht mit dem üblichen „Wie werde ich innovativ“ zufriedengibt. In seinem Buch „Hört auf, Innovationstheater zu spielen“ zeichnet er das Bild eines unternehmerischen Ökosystems, in dem Innovationen gedeihen. Radikale Innovationen, wohlgemerkt, denn mit inkrementellen wird das Unternehmen nicht lange überleben.

Inkrementell, das heißt: „Mache unser Produkt um zehn Prozent besser/schneller/billiger“. Kennen wir alle: Das Shampoo hat einen neuen Duft, das Handy eine bessere Kamera. Nett, aber kein Brüller. Im 20. Jahrhundert mochten solche Verbesserungen feines Wachstum beschert haben. Im 21. Jahrhundert braucht es radikale Innovationen, um die Kurve oben zu halten.

RadikaleInnovationen sind bislang unbekannte Lösungen, die ein Problem, einen Bedarf, ein Thema grundlegend neu anpacken. Der Auftrag lautet hier: „Erfinde ein Produkt, das zehnmal besser/schneller/billiger ist als das Bestehende.“ Da reicht es nicht mehr, hier und da ein wenig zu schrauben. Da wird alles Bekannte über Bord geworfen.

Allerdings, es gibt ein Limit. Das heißt MAYA (Most Advanced Yet Acceptable): So neuartig wie möglich, aber für den User noch akzeptierbar. Der Segway ist ein Beispiel zu radikaler Innovation. Der Massenmarkt erkannte ihn weder als Weiterentwicklung von etwas Bestehendem an (dem Auto? dem Fahrrad?), noch stillt er ein bislang unbefriedigtes Bedürfnis (zur Fortbewegung gibt es viele Optionen). Schwer und unhandlich ist er obendrein. Gelegentlich passieren jedoch tatsächlich Erdbeben-Innovationen, die einen Markt völlig umbrechen (Stichwort Buchdruck, PC, Handy). Aber die sind selten.

Beginnen wir diese Serie mit einem Branchencheck. Wer muss sich um sein Überleben Sorgen machen. Nach Hagmann sind es Branchen mit einem oder mehreren der folgenden Merkmale:

  • Branchen mit einem hohen Anteil repetitiver Arbeiten,
  • in denen man sich vor allem an der Konkurrenz orientiert,
  • in denen hohe Gehälter bezahlt werden, vor allem, wenn es sich um „alte“ Branchen handelt (Juristen sind so ein Beispiel). Das weist auf wenig Wettbewerb hin.
  • Branchen mit „unbeliebten“ Playern (etwa Banken und Versicherungen), weil sie genau das für Start-ups interessant macht,
  • oder Branchen, in denen es leicht wäre, technologische Verbesserungen einzuführen, die das Kundenerlebnis steigern würden (etwa der handel). Im Fachjargon nennt man sie „Low Hanging Fruits“.
  • Und zuletzt Branchen, in denen das Management einen hohen Altersschnitt hat.

Nächsten Montag: Was es braucht, um radikal innovativ zu sein.

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