Serie „Wie radikale Innovation gelingt“ (4/8). Die Aufgabe der Innovationsabteilung ist, sich zu einem Problem so viele schräge Lösungen wie möglich auszudenken. Doch wer entscheidet, welche weiterverfolgt werden?
Das Schwerste am Innovieren ist, die zweitbesten Ideen loszulassen. Je überzeugter man von ihnen ist, desto schwerer fällt das.
Man könnte also abstimmen. Falsch, sagt Innovationsexperte Jean-Philippe Hagmann. Es liege in unseren Genen, unserer Gruppe anzugehören. Zuwiderhalndeln wurde früher mit dem Ausstoß aus der Gruppe bestraft, was oft den Tod bedeutete. Also schließen wir uns der vorherrschenden Meinung an, selbst wenn wir ein mulmiges Gefühl dabei haben.
Leider hat die Gruppe nur selten recht. Das kann an dominanten Personen liegen, die sich durchsetzen wollen, das kann auch an der Tendenz zur Durchschnittlichkeit liegen, wonach wir der Mehrheit nicht gerne widersprechen.
Was uns zur Frage führt, warum die Gruppe ihre Ideen-Babys, die sie sich so mühsam abgerungen hat, killen sollte. Weder emotional noch rational gibt es einen Anreiz. Die Firma X, die Ideenschmiede von Google, fand einen eigenartigen Motivator: Wessen Idee angenommen wird, der erhält einen Bonus. Wer aber binnen Wochenfrist seine Idee freiwillig zurückzieht, bekommt denselben Bonus plus 10 Prozent dazu.
Klingt unökonomisch, ist es aber nicht. Die Kosten, am Markt zu scheitern, sind weit höher. Allerdings sind monetäre Anreize für Kreative nie ideal. Besser wäre ein Incentive, dass das Gemeinschaftsgefühl stärkt – eine Runde Freibier, ein Teamausflug.
Wonach wird entschieden?
Was allen gefällt, ist selten radikal. Genau darum geht es aber.
Eine Variante ist, die Gruppe zwar gemeinsam Ideen ausdenken zu lassen, sie aber von jedem Mitglied einzeln bewerten zu lassen. Dann zählt die Summe der unabgesprochenen Einzelmeinungen.
Eine Alternative ist, den Trainer entscheiden zu lassen. Doch was qualifiziert ihn dazu? Entscheidet er „aus Erfahrung“, entsteht selten radikal Neues. Entscheidet er „aus Bauchgefühl“, kann ihn sein Bauch trügen.
Noch eine Idee: Die geistige Mutter/der geistige Vater einer Idee glaubt so fest an sie, dass sie/er eine Wette dazu formuliert. „Ich wette, wenn ich eine Produktbroschüre an 100 Interessenten schicke, kaufen 20 das Produkt.“ Wenig Aufwand, rasches Ergebnis.
In der nächsten Folge kommenden Montag lesen Sie, woran Sie kreative Menschen erkennen.
Die Ideen zu dieser Serie stammen aus dem Buch „Hört auf, Innovationstheater zu spielen“ von Jean-Philippe Hagmann.