Wie Moral und Geschäft unter einen Hut passen

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Porträt. Selbstmotivation, Selbstmanagement und Selbstkenntnis sind ein Bestandteil von „Kyosei“. An dieser Philosophie orientiert sich der Technologiekonzern Canon, den Peter Saak in Österreich leitet.

Manche Unternehmen sind nicht zu beneiden. Mit Zwang wollen sie eine Philosophie für sich erarbeiten, die authentisch ist, sich von jener anderer Unternehmen möglichst unterscheidet und noch dazu originell ist. Und dann noch von den Mitarbeitern tatsächlich als Unternehmenskultur tagtäglich gelebt wird.

Philosophie „Kyosei“

Interessanterweise tun sich japanische Unternehmen in Philosophiefragen leichter als andere. Vielleicht, weil sie noch einfacher umreißen, was westliche Denkschulen nur umständlich zusammenfassen. Der Technologiekonzern Canon, der seit 1975 in Österreich vertreten ist, setzt seit 1988 auf die Philosophie „Kyosei“: „Zusammen leben und arbeiten für das Gemeinwohl“. Es beschreibe das Engagement für ein harmonisches, zukunftsorientiertes Zusammenleben und -arbeiten aller Menschen unabhängig von Kultur, Religion, Sprache oder Ethnie, umreißt Canon-Austria-Geschäftsführer Peter Saak. „Kyosei“, sagt er, bestimme die moralische Verantwortung von Canon gegenüber dem Business (besonders Mitarbeitern, Shareholdern und weiteren Stakeholdern), Umwelt und Gesellschaft. „Diese drei Dimensionen sind natürlich vernetzt zu sehen.“

In Österreich, sagt der 53-Jährige, laufe gerade ein Zwei-Jahres-Projekt, bei dem es darum gehe, den Vertrieb noch effizienter zu gestalten. Dazu müsse man Kunden laufend Mehrwert liefern und andere, neue Kontaktstrukturen schaffen. Zudem müsse man „vom produktorientierten hin zum lösungs- und bedürfnisorientierten Vertrieb“, sagt Saak, der seit 1994 bei Canon an Bord ist und seit 2013 Canon in Österreich vorsteht. „Kyosei“ unterstütze die Mitarbeiter bei der Transformation – schließlich sei es das Wesen der Philosophie, Respekt vor der Menschheit zu zeigen, sich auf die Technologie zu konzentrieren und Unternehmergeist zu leben.

Reiseleiter

Er selbst sieht sich als Reiseleiter, der die Richtung gut im Auge behält, den Mitreisenden erklärt, warum ein nächstes Ziel angesteuert werden soll, und der zu begeistern versucht. Und der viel zuhört, um die Inspiration der Mitarbeiter zu verstehen. Knapp 370 sind das in Österreich, die Hälfte davon Frauen. Sie bleiben auch lang im Unternehmen: Im Schnitt rund 13,5 Jahre. „Dennoch“, sagt Saak, „brauchen wir immer wieder neue Mitarbeiter, die Transformation schon erlebt haben“, also einiges an Erfahrung beisteuern. Und auch neue junge Mitarbeiter: Denn sie brächten ihre Realität, ihr Nutzungsverhalten in das Unternehmen ein. Das sei wichtig, zumal der Konzern gut 45 Prozent seiner Umsätze mit Bürolösungen und knapp 28 Prozent mit Foto- und Bildsystemen erziele.

Die Mitarbeiter erleben als Konsequenz aus „Kyosei“ Respekt vor der Menschheit, Konzentration auf Technologie und Unternehmergeist und die sogenannten „three selfs“: Selbstmotivation, Selbstmanagement und Selbstkenntnis. Selbstmotivation bedeute, die Initiative zu ergreifen und zu handeln. Selbstmanagement stehe dafür, Verantwortung zu übernehmen und für die eigenen Handlungen einzustehen. Und Selbstkenntnis heiße, die eigene Situation und Rolle zu kennen.

Verantwortung übernehmen

Natürlich sei „Kyosei“ weltweit über den gesamten Konzern ausgerollt worden. Und doch werden manche Aspekte in einzelnen Ländern kulturbedingt anders gelebt: In Japan völlig fremdartig, sei es in Österreich hingegen üblich, dass der Geschäftsführer persönlich mit den Mitarbeitern kommuniziert, das auch noch per Du, und regelmäßig Gesprächsgelegenheiten schafft. Sei es durch eine jährliche Tour durch Businesscenter, sei es durch regelmäßige Frühstücksrunden. Japaner hingegen seien nicht einmal gewohnt, vom Geschäftsführer gegrüßt zu werden.

Zur Person

Peter Saak (53) ist seit 1994 für Canon tätig und seit 2013 Geschäftsführer von Canan Austria. Herzstück der Unternehmenspolitik ist die „Kyosei“-Philosophie, die sich als „Zusammen leben und arbeiten für das Gemeinwohl“ übersetzen lässt und Verantwortung gegenüber Business, Umwelt und Gesellschaft umschreibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2018)

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