Präsentationen

Vorträge halten wie ein Amerikaner

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Wieso sind die Keynotes US-amerikanischer Redner so persönlich, mitreißend und informativ, während die von Österreichern besser wirken als Schlaftabletten? Im Vergleich lässt sich einiges abschauen.

Es war eine furchtbare Präsentation. Der Redner, ein anerkannter heimischer Experte, zitterte sich mit dem Laserpointer von Folie zu Folie und betete die viel zu klein gedruckten Zahlen herunter. Das Thema war gut, der Vortrag schlecht.

Kurz darauf die Keynote eines US-Amerikaners: persönlich, mitreißend, informativ. Sein Thema war um nichts weniger komplex. Er bekam tosenden Applaus, mehr noch: Das Publikum ging mit dem schönen Gefühl heim, etwas gelernt zu haben.

Die Diskrepanz war so groß, dass sie die Frage aufwarf: Wieso sind Amerikaner, pauschal gesehen, so viel bessere Redner? Was machen sie anders?

Vergangenheit vs. Zukunft

Ganz obenauf: Sie schreiben ihre Präsentationen für ihre Zuhörer. Ein US-Redner verglich sich mit einem Gastgeber. Dieser will auch nur, dass es seinen Gästen gut geht. Diese Mühe machte sich unser Österreicher nicht, als er aus einer Studie ein paar Folien extrahierte und laut vorlas.

Beginnen wir chronologisch. Der Amerikaner startete mit einer Wertschätzung seines Publikums, noch vor der eigentlichen Begrüßung. Was hierzulande mit lauwarmen Standardfloskeln abgetan wird („Ich freue mich, dass Sie hier sind“), verfehlt trotzdem seine Wirkung nicht: Die Zuhörer fühlen sich angesprochen und geehrt.

Es folgte die Selbstvorstellung, die Österreicher oft bescheiden überspringen. Woher aber soll das Publikum wissen, wieso man der/die Richtige für diesen Vortrag ist? Das belegen nicht lieblos heruntergebetete Lebensläufe, sondern plakative Meilensteine, die zum Thema passen.

Der US-Vortragende arbeitete gleich in der Einleitung die Relevanz seines Vortrags für genau dieses Publikum heraus und machte es damit neugierig. Es folgten Geschichten, Beispiele, Vereinfachungen – alles mit dem Ziel, verstanden zu werden. Hand aufs Herz: Wollen sich viele heimische Experten nicht bloß mit ihrem Fachwissen brüsten?

Noch ein Unterschied: Der Österreicher rollte lang und breit die Historie auf. Der Zukunft widmete er nur ein paar so verschachtelte wie vage Sätze. Anders der Amerikaner: Ihm ging es um künftige Implikationen. Vergangenes bekam gerade so viel Raum, wie es für das Verständnis der Zuhörer nötig war. Trotzdem kam er mit weniger Redezeit durch. State of the Art sind 20-Minuten-Vorträge: Länger kann sich ohnehin niemand mehr konzentrieren.

Titel ist nicht Thema

Nach der Vorstellung leitete der Amerikaner elegant zum Thema über: Worum es in seinem Vortrag ging, samt Fahrplan. Dieser ist wichtig. Die Zuhörer wollen wissen, wie viele Punkte jetzt kommen bzw. bei welchen man gerade steht. Sinngemäß: „Jetzt bin ich fertig mit Punkt 2, der Problemstellung, nun folgt Punkt 3, die Lösung.“ So wissen die Zuhörer immer, wie weit man schon ist – und wie lang es noch dauert.

Österreicher lieben Aufzählungslisten. Wie bei einem Inhaltsverzeichnis können sie dann einen Punkt nach dem anderen abarbeiten. Zugegeben, manchmal ist das die beste Lösung. Selbst dann machen sich Amerikaner bei der Erstellung ihrer Slides sehr viel mehr Mühe. Dann blenden sie immer wieder zum Inhaltsverzeichnis zurück und hinterlegen den Punkt, zu dem sie als nächstes kommen, mit einer anderen Farbe, Stichwort: dem Publikum Orientierung geben. Oder sie illustrieren jede Kapitelüberschrift mit einem optischen Blickfang, einem Foto etwa oder einer Grafik.

Alles, nur keine Theorie

Bei komplizierten Slides machen sie sich die Mühe, sie für ihre Zuhörer gedanklich aufzubauen. („Hier zeige ich Ihnen . . . Auf der x-Achse . . . Auf der y-Achse . . . Zuerst ein grober Überblick . . . Jetzt ein paar Details . . .“)

Auffallend ist die Liebe der Amerikaner zum Geschichtenerzählen. Symptomatische Beispiele aus dem echten Leben, konkrete Personen (Martin, der Manager) mit konkreten Problemen (während Martins Meeting fällt die Beamerlampe aus) und einer konkreten Lösung (so funktioniert der neue Techniksupport). Ein Österreicher hätte das Support-Formular präsentiert.

Beim Amerikaner fiel auch der häufige Gebrauch rhetorischer Fragen auf. („Ich frage Sie: Was soll Manager Martin nun tun?“) Das Publikum fühlte sich angesprochen, wusste aber, dass von ihm keine Antwort erwartet wurde.

Psychologisches Detail: Als der Amerikaner beim letzten Punkt ankam, sagte er das auch. Denn egal, wie spannend sein Vortrag war: Die Zuhörer sind immer froh, wenn er vorbei ist.


Buchtipp: Mario Klarer: Präsentieren auf Englisch
Redline, 157 Seiten, 16,99 €

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2019)

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