Jobdestination Tourismus

(c) AP (Alessandro Della Bella)
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Arbeiten, wo andere Urlaub machen: Touristikunternehmen stellen hohe Anforderungen an ihre Mitarbeiter.

Mit dem Verlauf der Wintersaison war sie noch zufrieden, der Sommer gestalte sich aber nun schwieriger. Andrea Stifter-Vorderegger, Geschäftsführerin des Reisespezialisten Vorderegger aus Zell am See, verzeichnet einen Einbruch von 20 Prozent von Gästen aus den Fernmärkten wie dem arabischen Raum. Auch wenn die Stimmung nach wie vor sehr gut ist, wie Stifter-Vorderegger betont, arbeite sie trotzdem schon mit weniger Personal. „Die Buchungssituation für den Winter ist derzeit noch verhalten.“ Auch an Peter Hoscheks Unternehmen Image Performing Arts Promotion, das unter anderem die Schönbrunner Schlosskonzerte organisiert, geht die aktuelle wirtschaftliche Flaute nicht spurlos vorüber. „Beim Kulturtourismus wird zuerst gespart. Deshalb haben wir auch die Zahl der Mitarbeiter senken müssen.“

Beschäftigung konstant

Beispiele wie diese zeigen, dass die Krise sich nun auch im Tourismus langsam bemerkbar macht: Die Zahl der Nächtigungen in der ersten Halbzeit der Sommersaison ist um 5,2 Prozent auf 29,30 Mio. gesunken. „Die Ausfälle betreffen einzelne Bereiche, sind allerdings kein österreichweites Phänomen“, erklärt Johann Schenner beim Expertengespräch am Rande des Europäischen Forums Alpbach vergangene Woche. Der Stand der Beschäftigung konnte allerdings gehalten werden, betont der Bundesobmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich, und verweist auf die neuesten Juli-Zahlen, wonach im Jahresvergleich die Zahl der Beschäftigten im Tourismus unverändert bei über 198.000 liegt. Für die Zukunft sieht die Lage allerdings nicht mehr ganz so rosig aus: Die Anzahl der vorgemerkten Arbeitslosen ist im Vergleich zum Juli des Vorjahres um mehr als 24 Prozent gestiegen. Die gemeldeten offenen Stellen gingen um über 26 Prozent zurück.

Hohe Anforderungen

Trotz dieser Ausblicke sind sich die Experten aber einig, dass die Jobaussichten für die Mitarbeiter in der Branche nicht düster sind. „Einerseits schlagen wir uns im Vergleich mit anderen Branchen noch immer sehr gut. Österreich ist weiterhin ein Vorzeigetourismusland“, erklärt Schenner: „Andererseits sind unsere Mitarbeiter – so sie wirklich wechseln wollen – auch in anderen Sektoren meist sehr willkommen.“ Das liege, so die drei Touristiker unisono, vor allem am Arbeitsumfeld in Tourismusbetrieben. Bei vielen der Tourismusbetriebe handle es sich um Klein- und Mittelunternehmen (KMU) in Familienhand, erklärt Schenner. Die Mitarbeiter sind oft stark an die Unternehmen gebunden und verspüren gegenüber den Familienmitgliedern eine große Loyalität. „Viele denken daher gar nicht daran, das Unternehmen oder die Branche zu wechseln.“ Und das, obwohl die Anforderungen sehr hoch sind: Nur nach dem Motto „Dienst nach Vorschrift“ zu agieren, ist in diesem herausfordernden Umfeld nicht möglich. Die Wünsche des Gastes richten sich nicht nach einer Stechuhr. „Man braucht jedenfalls Begeisterung und Leidenschaft für die Branche“, erklärt Hoschek. Die Mitarbeiter müssen besonders stressresistent sein und in hohem Ausmaß zeitlich flexibel agieren. „Wir arbeiten, wenn andere frei haben“, fasst Stifter-Vorderegger zusammen.

Internationales Umfeld

Hinzu kommen noch ein hohes Maß an Kundenorientierung, Teamfähigkeit und ein ausgeprägter Servicegedanke. Sehr gute Englischkenntnisse sind ebenso wie der perfekte Umgang mit EDV-Systemen eine Selbstverständlichkeit. „Darüber hinaus bieten viele Betriebe ein internationales Umfeld“, ergänzt Hoschek. Vor allem die Internationalität ziehe neben Lehrlingen und Fachkräften auch verstärkt Maturanten und Akademiker an. Die Jobvielfalt im Tourismus sei jedenfalls gegeben – auch für Fachhochschul- und Uni-Absolventen. „Für Managementpositionen werden fachlich qualifizierte Bewerber gesucht“, sagt Schenner. Die Zukunft der Branche bewerten alle drei Experten positiv. „Wir werden sicherlich weiterhin eine Topdestination sein“, erklärt Schenner. Entwicklungspotenzial sieht der Interessenvertreter beispielsweise im Gesundheitstourismus. Stifter-Vorderegger und Hoschek stimmen dieser Einschätzung zu, betonen aber beide, dass sich das touristische Angebot aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung etwas ausdünnen werde. „Ich glaube an die Tourismusdestination Österreich. Allerdings müssen wir unser Profil noch etwas schärfen“, so Stifter-Vorderegger. Dazu, ergänzt Hoschek, könnten nur Mitarbeiter beitragen, „die aufgrund ihrer Begeisterung für die Branche vor Kreativität strotzen“.

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