KarriereTalk: "Ängste ernst nehmen"

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Nur langfristige Kundenbeziehungen bringen nachhaltige Erträge: Dazu benötigen die Unternehmen eine Vertrauensbasis – sowohl zu ihren Kunden als auch vonseiten der Mitarbeiter.

Vertrauen ist Schlüssel zum Erfolg – gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten: „Unsere Grundhaltung gegenüber dem Kunden haben wir aufgrund der Krise nicht verändert. Um Wachstum zu generieren, benötigen wir auch keine neuen Produktgruppen“, erklärt Rainer Hauser, Vorstand Privat- und Geschäftskunden der Bank Austria: „Aber wir differenzieren uns durch die Investition in die Kundenbeziehungen. Banking ist ganz klar ein Beziehungsgeschäft.“ „Markenversprechen abge ben und diese auch halten“ – mit dieser Krisenstrategie betont auch Hannes Ametsreiter die Rolle des Vertrauens in Krisenzeiten. Der Vorstandsvorsitzende der Telekom Austria Group sieht sich mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Während einerseits die Zahl der Festnetzanschlüsse um bis zu 25.000 pro Monat gesunken ist und dabei Umsatzeinbrüche bis zu 140 Mio. Euro verursachte, stiegen die Personalkosten um etwa 30 Mio. Euro pro Jahr. Gerade unter diesen Auspizien setzt Ametsreiter auf die Vertrauensstrategie zur Kundengewinnung und -bindung

Klar kommunizieren

20 Prozent seiner Dienstnehmer – von 72 auf 60 Personen – hat Gernot Keusch, Geschäftsführer und Eigen tümer von Auto-Stahl aufgrund der Krise freisetzen müssen. „Auch bei solchen schwierigen Entscheidungen gilt der Grundsatz: je früher, desto besser.“ Da die Mitarbeiter täglich mit den Kunden zu tun haben, ist ihnen der kritische Zustand des Unternehmens meist als Erste bewusst. Ihnen müsste man daher über die Situa tion des Unternehmens reinen Wein einschenken „Die Ängste der Mitarbeiter in diesen außergewöhnlichen Situationen müssen ernst genommen werden“, sagt Keusch: „Bei Klein- und Mittelunternehmern, wie ich einer bin, geht es natürlich auch um Existenzängste.“ Hat die katholische Kirche in Krisenzeiten Konjunktur, fragt Michael Prüller, stellvertretender Chefredakteur der „Presse“ und Moderator des KarriereTalks „Ist König ,Kunde‘ in der Krise? – Strategien zur Kundenakquise und -bindung in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten“, der letzten Montag im Wiener Haus der Musik stattfand. Anton Faber, Dompfarrer von Sankt Stephan, bejaht: „Ja, wir stecken in einer handfesten Kirse.“ Konkret spricht der Geistliche die Ereignisse rund um den Pfarrer von Windischgarsten, Gerhard Maria Wagner, sowie die internationale Empörung um den Holocaust- Leugner Richard Williamson an. „Diese Ereignisse haben uns hunderte Austritte gekostet.“

Persönlicher Kontakt gefragt

Hier sei die Kirche dabei, sich neu zu positionieren. „Wir müssen aktiv das persönliche Gespräch suchen und ein neues Bild der Kirche darstellen“, sagt Faber, der nach eigenen Angaben auf diesem Wege bereits 60 Menschen davon überzeugen konnte, wieder einzutreten. „Natürlich gibt es in schwierigen Zeiten ein Bedürfnis nach Gemeinschaft“, sagt der Geistliche. Gleichzeitig
stellen sich aber immer mehr – vor allem beim Einzahlen des Kirchenbeitrags – Mitglieder die Frage, ob sie auch ausreichend von der Gemeinschaft erhalten. Aufgrund der 80 hauptamtlichen Mitarbeiter, die der „Arbeitgeber Kirche“ allein in seiner Pfarre Sankt Stephan beschäftigt, spricht der Geistliche – auch wenn es theologisch natürlich nicht korrekt ist, wie Faber betont – von „Kundenbindung“: „Angesichts der neuen Bedürfnisse der Menschen sind wir natürlich gefordert, auf die Menschen persönlich zuzugehen.“ Neben dem direkten Kontakt nennen die Teilnehmer noch andere Wege, die Verkaufszahlen hochzuhalten: Mit Angeboten von Produktbündeln möchte Ametsreiter gegen die Krise ankämpfen. Wenn Kunden mehrere Produkte von einem Anbieter konsumieren, sinkt die Bereitschaft zu wechseln. Als Beispiel führt der Manager neue Angebote für Alarmanlagen sowie aonTV an. Letzteres benutzen, so Ametsreiter, bereits etwa 100.000 Haushalte. Entscheidend für den Umgang mit der Krise sei außerdem die Fokussierung auf die wichtigen Kundensegmente, ergänzt Keusch. Der Entrepreneur hat bei seiner Kunden datenbank einen Radikalschnitt gesetzt: Von 44.000 Einträgen wurden 26.000 gelöscht. „Wir haben klar analysiert, wer nicht mehr kauft und uns auf bestehende Kundenbeziehungen fokussiert.“

Qualität und ihr Preis

Unterschiedliche Meinungen gab es am Podium darüber, welche Rolle der Produktpreis bei der Kundenbindung spielt. Für Keusch sind Preisreduktionen – „die früher noch funktioniert haben“, wie er betont – in der Krise kein probates Mittel, um den Kunden bei der Stange zu halten. „Viele Mitbewerber setzen nun auf eine aggressive Preispolitik, die keine Gewinne abwirft. Bei diesem Spiel wird es mittelfristig aber keine Sieger geben. Daher müssen wir auf die Qualität unserer Leistung setzen.“ Für Hauser kommen Preiskämpfe ebenfalls nicht infrage. „Viele unserer Produkte würden dadurch nur quersubventioniert werden müssen. Das wäre für uns als Unternehmen fatal.“ Für Ametsreiter stellt der Preis allerdings ein wichtiges Motiv bei der Wechselbereitschaft der Kunden dar. „Bob muss immer den günstigsten Tarif bieten – A1 dafür durch das beste Angebot bestechen.“ Einig sind sich alle Diskutanten darüber, dass Mitarbeiter, die der Organisation Vertrauen entgegenbringen, essenziell für den Erfolg sind. Trotz Reduktionen im Per - sonalstand habe es sein Unternehmen geschafft, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern, erklärt Ametsreiter. Er selbst sei etwa 4000 Kilometer durch Österreich getourt, um mit möglichst vielen Arbeitnehmern ins Gespräch zu kommen, seine Strategie zu erläutern und sich Diskussionen zu stellen. „Das war die beste Marktforschung, die man sich vorstellen kann“, zeigt sich der Manager über den Erfolg begeistert.

Kundenzufriedenheit vergüten

Für Hauser ist Kundenzufriedenheit klar auch ein Thema für die Mitarbeiter. „Deshalb haben wir nicht nur den Abschluss eines Verkaufs, sondern auch die Zufriedenheit als Indikator für die leistungsorientierte Vergütung unserer Mitarbeiter genommen.“ Rund die Hälfte der leistungsabhän gigen Gehälter basiert auf Kundenzufriedenheit. Zu „relevanten Personalkürzungen“ werde es nicht kom - men. „Wir haben unser Kostenmanagement schon lange erledigt.“ Vielmehr plant der Bankier, im September 20 neue Vertriebsmitarbeiter aufzunehmen.

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