Zukunft der Arbeit: "Werden alle Selbstständige"

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Zukunft der Arbeit. Netzwerke, Eigenmarken und die »Feminisierung« der Betriebe: Arbeitnehmer und Unternehmen sind gefordert, sich umzustellen.

Eine kreative Ökonomie, geprägt von Talenten und Inspiration, so skizziert Harry Gatterer die Zukunft der Arbeit. Zu diesem Thema diskutierte der Trendforscher und Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft gemeinsam mit anderen Experten auf Einladung der katholischen Studentenverbindung Rugia Wien im ÖCV am letzten Dienstag. „Die richtigen Netzwerke werden ebenso eine große Rolle spielen wie ein deutliches Bedürfnis nach Werten in der beruflichen Tätigkeit sowie eine ,Feminisierung‘ der Arbeitswelt“, betont Gatterer. Viele Unternehmen hätten diese Zeichen der Zeit bereits erkannt – bei deren Umsetzung in den betrieblichen Alltag ortet der Unternehmer allerdings noch Nachholbedarf.

Neue Formen der Arbeit

In dieser neuen, komplexen Welt würden auch die Arbeitsformen vielfältiger sein, betont Markus Tomaschitz. Der ehemalige kaufmännische Direktor der Fachhochschule Johanneum leitet den Bereich Education und Research beim Autozulieferer Magna. Neben der klassischen Anstellung würden Personalleasing- Arbeitskräfte sowie zeitlich begrenzte Vertragsmitarbeiter stark an Bedeutung gewinnen, ist sich Tomaschitz sicher. Die heimischen Bildungsinstitutionen, so der Experte, hätten sich auf diese neuen Herausforderungen allerdings noch nicht eingestellt. In dieselbe Kerbe schlägt auch Georg Schlotter, Head of Human Resources bei Wolf Theiss Rechtsanwälte. „Wir verlangen von unseren Konzipienten sauberes juristisches Arbeiten. Das allein macht aber noch keinen sehr guten Mitarbeiter aus. Viele Dinge, die für das Berufsleben notwendig sind, lernen die jungen Akademiker aber nicht auf den Universitäten.“ Der Begriff „Vertrauen“ zieht sich wie ein roter Faden durch alle Aspekte der zukünftigen Arbeitswelt. „Das ist das zentrale Unterscheidungsmerkmal für Arbeitgeber“, betont Schlotter. Dem pflichtet Matthias Wolf, Managing Partner des österreichischen „Great Place to Work“-Instituts, bei. „Arbeitgeber verändern sich kontinuierlich. Was die ,besten Arbeitgeber‘ von anderen unterscheidet, ist, dass sie dabei die Leitbilder ihrer Führungskultur nicht verändern.“

Eigenmarke stärken

Einig sind sich alle Experten auch darüber, dass der Arbeitnehmer in Zukunft noch stärker seines eigenen Glückes Schmied sein wird. „Der Erfolg wird noch mehr davon abhängen, sich selbst am Arbeitsmarkt als Marke verkaufen zu können“, betont Oliver Suchocki, internationaler Experte bei Eblinger & Partner. Allerdings werde aufgrund der zunehmenden Internationalisierung der Bewerbermärkte auch die Konkurrenz stark zunehmen, ist sich der HRExperte sicher. „Ja, natürlich werden wir alle Selbstständige sein“, beantwortet Gatterer die Frage, ob die neue Eigenverantwortung auch mehr Unternehmertum erfordere, in aller Deutlichkeit. „In der kreativen Ökonomie der Zukunft werden starke Individuen sich selbst verwirklichen.“ Gelegt werde das unter anderem bereits in Rechtsanwaltskanzleien, wirft Schlotter ein. So sei ein großer Teil der juristischen Mitarbeiter bereits „Selbstständige, die sich gemeinsam die Plattform Wolf Theiss als Marke teilen“.

Spaß und Freude

Die Arbeitnehmer der Zukunft – die zu 90 Prozent „Wissensarbeiter sein werden – werden sich von viel Althergebrachtem im Job verabschieden müssen. „Bislang geht es vielen eher um das Leben nach der Arbeit. Sie wollen hinaus, möglichst schnell in die Pension“, betont Tomaschitz: „Natürlich geht es im Beruf nicht immer lustig zu. Aber ein Job darf und soll auch Freude und Spaß machen.“ Für Arbeitgeber werde es nach der Krise jedenfalls weiterhin wichtig sein, die besten Talente zu bekommen. „Wenn es sie nicht am Markt gibt, bilden Unternehmen ihre Mitarbeiter selbst aus“, erklärt Wolf. Reüssieren werden auch nur jene Unternehmen, die das Poten zial weiblicher Mitarbeiter aus schöpfen können. „Die ,Feminisierung‘ der Unternehmen ist ein Topthema“, erklärt Suchocki. Schon jetzt gelten Diversity-Kennzahlen als fixe Größen in amerikanischen Unternehmen.

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