Bauanleitung für einen Androiden

(c) Marin Goleminov
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Roboter. Wir fürchten sie, wir brauchen sie. Roboterpsychologin und JKU-Professorin Martina Mara sagt, wie Blechkollegen beschaffen sein müssen, damit Menschen mit ihnen arbeiten wollen.

Am liebsten, gestanden 27.000 Europäer dem Eurobarometer, wären ihnen Arbeitsroboter in der Weltraumforschung. Ganz weit weg. Am wenigsten gern hätten sie sie in der Kinder- und Altenbetreuung. Ganz nah am Menschen.

Martina Mara, seit April Professorin für Roboterpsychologie an der Linzer Johannes-Kepler-Universität (JKU), beschäftigt sich mit den Bedingungen, unter denen Menschen mit Robotern zusammenarbeiten wollen. Mara beschreibt eine Kurve: Anfangs gefällt es uns, wenn Roboter in Gestalt und Verhalten ein wenig menschenähnlich sind. Übersteigt das ein gewisses Maß, bricht die Akzeptanz rapide ein.

Mara nennt es den Gruselgraben: In ihn kippen wir, wenn Roboter so tun, als wären sie menschlich. So wie der pseudointellektuelle Androide „Sophia“ von Hanson Robotics. Vor ihm gruselt es uns.

Ähnlich schlecht kommen „gefühlvolle“ Roboter an. Viele Patienten etwa mögen auf Empathie programmierte Pflegeroboter gar nicht. Funktionale Berührungen („Ich messe jetzt den Hautwiderstand“) erlauben sie, vorgeblich mitfühlende (Armtätscheln) lehnen sie ab.

Die Sympathiekurve steigt erst wieder an, wenn Mensch und Roboter nicht mehr zu unterscheiden sind. Perfekte Klone akzeptieren wir als unseresgleichen.

Damit die Kollaboration klappt

So weit ist die Wissenschaft noch lang nicht. Alle bisherigen Modelle, sagt Mara, taugten nur für den Gruselgraben. Damit Mensch und Roboter aber fruchtbar zusammenarbeiten können, stellt sie vier Regeln auf. 1. Recht auf Transparenz. Menschen müssen Roboter als Maschinen erkennen können. Das ist vor allem im virtuellen Bereich ein Thema, etwa bei Chatbots, die bereits täuschend echt parlieren können. Die Gefahr einer Täuschung ist groß. Mara plädiert für ein auch gesetzlich verankertes „Recht auf Transparenz“. 2. Mein Robo, mein Freund. Roboter müssen als „hilfreiche sympathische Werkzeuge“ eingeführt werden. Der „Jobkiller“-Ansatz ist so kontraproduktiv wie Terminator-Darstellungen vor kaltblauem Hintergrund: „Der Begriff Werkzeug impliziert, dass der Mensch die Kontrolle hat. Und dass der Roboter einem Zweck dient.“

Doch wie selbstständig darf der Roboter sein? Reagiert er nur auf Befehle, ist er keine große Hilfe. Agiert er zu eigenständig, steigt die Angst vor Kontrollverlust. Am Beispiel eines Pflegeroboters: Wartet dieser nur auf Anweisungen, erkennt er nicht, wenn sein Schützling in Not ist. Ist er zu forsch („Nimm jetzt deine Tablette“), wächst der Widerstand. „Eine Lösung wäre eine Art Patientenverfügung“, philosophiert Mara, „in der man hinterlässt, welchen Freiheitsgrad man seinem Roboter gibt, falls man eines Tages dement wird.“ 3. Was tut er als nächstes? Menschen müssen den nächsten Schritt ihres „Kollegen“ antizipieren können. Der Lagerarbeiter muss vorhersehen, in welche Richtung sich der Transportroboter bewegt, ob er ihn bemerkt hat und ausweichen wird. Dann vertraut er ihm. Dieser Gedanke muss bereits in das Design einfließen. 4. Wer was kann. Roboter ergänzen Menschen, sie ersetzen sie nicht. Derzeit grassiert eine Substitutionlogik, die Ängste schürt. Besser sollten die Vorzüge beider Seiten herausgearbeitet werden. Die Kamera eines selbstfahrenden Autos beherrscht den 360-Grad-Rundumblick, der Mensch nicht. Dieser aber schafft sozial-kommunikativ, was kein Roboter jemals können wird.

ZUR PERSON

(c) Kurt Hoerbst

Die Medienpsychologin Martina Mara (37) ist seit April Professorin für Roboterpsychologie am Linz Institute of Technology der Johannes-Kepler-Universität. Am Mittwoch sprach sie am Querdenkersymposium der Caritas in Wien über Roboter in der Pflege.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2018)

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